Pfarrer Josef
Lauxen, 1973 |
Kirchliches Leben in
Bremm vor 1945 |
Kirchliches Leben in
Bremm vor 1945
von Pfarrer Josef Lauxen
()
Das alte Bremm, in dessen Nähe auf
Bergeshöhe die Römer eine Signalstation
hatten, die mit dem Limes am Rhein und
mit Trier in Verbindung stand, wird zwar
erst 1051 urkundlich genannt und war,
obschon es bereits um das Jahr 1000 eine
Kapelle zu Ehren des hl. Michael und 1097
eine Kirche besass, jedenfalls 1220
Pfarrei, dann wieder jahrhundertelang
Filiale von Ediger. Papst Innocenz VI.
und Erzbischof Boemund verliehen den
Besuchern der Bremmer Kirche 1351
Ablässe. 1507 erhielt sie mit Erlaubnis
des Erzbischofes einen eigenen Taufstein.
1802 wurde Bremm Filiale von Eller und
1809 wieder selbständige Pfarrei.
Patron der ältesten Kirche war die
Mutter Gottes, der zu Ende des 14. oder
zu Anfang des 15. Jahrhunderts erbauten
und der dritten und jetzigen von 1894 /
95 der Winzerheilige Laurentius. Trotzdem
nahm die Verehrung der Mutter Gottes,
namentlich als Rosenkranzkönigin, zu
allen Zeiten die oberste Stelle ein. Ihr
1351 gestifteter Altar war der
angesehenste und reichste, und die an der
Kirche angestellten Geistlichen nannten
sich Kapläne unser lieben Frau". In
der stilvollen spätgotischen Kirche
stand alles andere in Schatten stellend
eine übergroße, vergoldete Statue der
Mutter Gottes, die zwei schwere silberne
Kronen und einen "kollosalen"
Rosenkranz trug. Auf Wunsch des Bischofs
Hommer wurde sie 1832 entfernt.
Am 7. Januar 1434 kamen der Jakobus
Altar und 1620 die Altäre der hl. Anna
und der hl. Barbara hinzu.
In der jetzigen Pfarrkirche stehen
neben dem Hochaltar zu Ehren des
Kirchenpatrons ein Mutter-Gottes- und ein
Sebastianus-Altar.
Sinnreiche
Inschriften zierten die drei 1834
konsekrierten Glocken.
"Sebastian ist diese Glocke
genannt im Bremmer Turm, Bewahre Gott
Bremm vor Krankheit, Feuer und Sturm.
Lass Gott zu Deiner Ehre sie dienen lange
Zeit und recht vielen läuten bei der
Reise zur frohen Ewigkeit".
Sie hatte ein Gewicht von ca. 40
Zentnern.
"Maria ist diese Glocke genannt,
Bewahre uns vor Unglück, Sturm und
Brand. Lass Gott sie dienen lange Zeit
dem Orte Bremm als fröhliches
Geläut".
Diese wog ca. 29 Zentner.
"Laurentius ist diese Glock
genannt, Gott behüt vor Unglück die
Bremmer und das Vaterland".
Als die kleinste wog sie noch ca. 20
Zentner. Der Razzia des Jahres 1943
fielen alle drei zum Opfer.
Seelsorgsgeistliche wirkten im Ort
seit vor 1351. Im Jahre 1798 wurde der
Pastor mit Gewalt auch dem Pfarrhaus
verjagt, wobei viele Dokumente auch die
Stiftungsurkunden der Pfarrei verloren
gingen... Viele Parochianen waren von dem
Rausch der libertatis gallicae von 1789
erfasst...", schreibt darüber ein
späterer Pastor.
Am 17. Mai 1729 stiftete der Dechant
des Andreas-Stiftes in Köln, ein
geborener Aldegunder, in die Kirche zu
Bremm die Sonn- und Feiertags Frühmesse,
die bis 1818 ein eigener Geistlicher
persolvierte. Nach der Stiftungsurkunde
sollte der Frühmesser ausserdem dem
Pastor beim Unterricht der Kinder helfen.
Im Jahre 1444 werden die
Bruderschaften Unser lieben Frau, die des
hl. Laurentius und die des hl. Sebastian
erwähnt. Der Visitationsbericht von 1620
nennt die Bruderschaften der hl. Anna,
des hl. Laurentius und des hl. Sebastian.
Letzterer wurde zuweilen der Name des hl.
Hubertus beigefügt.
Die Anna Bruderschaft hatte ihre
Hauptfeier am 26. Juli. Nach den Vigilien
für die verstorbenen Mitglieder wurde
das Hochamt am Anna Altar gehalten,
während dem eine "parva
admonitio" und am Schluss Verlesen
der Mitglieder und besondere Gebete für
die Verstorbenen. Die Feier der
Sebastianus Bruderschaft am 20. Januar
hatte den gleichen Verlauf.
Die Rosenkranz Bruderschaft soll nach
dem alten Lagerbuch 1650, nach dem
Bruderschaftsbuch 1730 durch den
Dominikaner Peter Necker eingeführt
worden sein. Letzteres Datum ist nicht
gut glaublich, die Bruderschaft 1731
bereits über ein Kapitalvermögen von
ca. 400 Gulden verfügte, das auf
Hypotheken ausgeliehen war. Jeder erster
Sonntag im Monat war Bruderschaftsfest,
an dem viele Leute die hl. Sakramente
empfingen, so daß immer fremde Priester
im Beichtstuhl aushelfen mussten. Das
Hochamt wurde mit ausgesetztem
Allerheiligsten und sakramentalen Segen
gefeiert. Seit 1787 half an dem Sonntag
ein Kapuzinerpater aus Cochem im
Beichtstuhl und hielt die Festpredigt.
Die Verwaltung des
Bruderschaftsvermögens oblag dem
Brudermeister, dem Vogt und einem
Sendschöffen.
Bischof Hommer wünschte, daß die
Rosenkranzbruderschaft in eine
Sakraments-, Christenlehr- und
Rosenkranzbruderschaft umgewandelt werde.
Die Bruderschaftsfeste sollten auf je
eins im halben Jahr gelegt werden, an
denen morgens Kommunion der Mitglieder
und nachmittags Wiederholung der im
vergangenen Halbjahr gehaltenen
Christenlehren wäre. Seitdem fand das
eine Bruderschaftsfest im Oktober, das
andere am Sonntag nach Allerheiligen
statt. An beiden Tagen gingen viele zu
den hl. Sakramenten.
1887 führte Pastor Poertzgen die Herz
Jesu Bruderschaft ein.
Bis Anfang des 19. Jahrhunderts
wallfahrteten die Bremmer
verschiedentlich im Jahr nach Trier. Die
Pastöre baten, daß dabei die Kinder von
wenigstens einem Elternteil begleitet
würden. Ende August wallfahrtete die
ganze Pfarrei mit Pastor und Chorsängern
nach Eberhardsklausen. Beim
"Klausener Gang" wurde Wein und
Branntwein verabreicht; die Chorsänger
erhielten davon, wie in den Akten zu
lesen ist, mehr als angebracht. Die
Rückkehr vollzog sich deshalb nicht
immer in lobenswerter Weise. Dabei ging
das Trinken auf Kosten der Kirchenkasse.
Von 1674 bis 1692 ging man statt nach
Klausen nach Beilstein.
Theophorische Prozessionen fanden an
Ostern und Laurentius um die Kirche, an
Christi Himmelfahrt und Fronleichnam
durch den Ort statt.
Von den Prozessionen ohne das
Allerheiligste ist die am Fest der hl.
Scholastika als dem Fest
"Dedicationis templi bremensis"
die nachweisbar älteste. Morgens früh
war Matutin und Laudes, danach in
Prozession mit Gebet nach Aldegund, mit
Gesang zurück und anschließend in Bremm
das Hochamt. Die Männer mussten in einer
besonderen Tracht erscheinen,
"adhortandi sunt viri, ut cum pallis
veniant ad processionem", so 1633.
Montag in der Kreuzwoche Prozession
nach der Marienburg.
Mittwoch nach Pfingsten und auf
Margartentag nach Beuren. 1768 hat der
Lehrer am Margaretentag vor der
Prozession auf seine Kosten in Bremm eine
hl. Messe halten zu lassen und danach die
Prozession zu führen. Die Kirchenkasse
vergütete ihm dafür, einen Reichstaler.
Sonntag in der Fronleichnamswoche zur
Michaelskapelle; der Heimburge hatte für
alles zu sorgen.
1799 nannte man die Prozession zur
Michaelskapelle Rochusprozession.
1832 wurde an Stelle der Wallfahrt
nach KIausen am Karfreitag Nachmittag
eine Prozession gehalten.
1869 hielten die Redemptoristen eine
gut besuchte Volksmission, wobei sie das
1733 errichtete Missionskreuz neu
benedizierten; 1890 die Jesuiten, 1904
die Redemptoristen, 1922 Kapuziner und
1931 Kapuziner.
Das
religiöse Leben war durchweg gut. Am 6.
Juni 1610 haben die Sendschöffen zu
rügen, daß einer an Maria Verkündigung
dreimal gemahlen, einer auf Maria Maitag
Heu gemacht, einer an allen Sonntagen
gearbeitet, einer an einem Sonntag
gemäht, ein anderer ein Keilbeil gemacht
und einer dreimal? (das Wort ist
durchgestrichen) gesagt hat. 1832 heisst
es, daß keiner die Messe versäumt und
jeder viermal im Jahr die hl. Sakramente
empfängt. 1840 ist der Kirchenbesuch so
eifrig, "daß alle Nachbarpfarrer
darüber staunen".
Inbetreff des sittlichen Verhaltens
gehen die Ansichten auseinander. Wohl
finden sich unter den 936 Getauften von
1609 bis 1714 nur vier unehelich
Geborene, deren Mütter alle von
auswärts waren, dabei lag jahrelang
Militär in Bremm in Quartier, aber die
Pastöre sprechen von Exzessen "et
fons excessus in Bremm est
ebrietas". ("Quelle des
Ausschweifens ist die Sauferei")
1656 klagen die Sendschöffen eine Frau
wegen Gotteslästerung an. 1750 heiratet
ein 80jähriger Mann eine Soldatenwitwe,
die damit ihren vierten Mann bekommt.
1832 gibt es in der Pfarrei keinen
Aberglauben und keinen Ehebruch, aber die
"parochiani in Bremm amant
variationem" .("lieben die
Abwechslung") Dabei ist "das
Mein und Dein hier die Wurzel vieler
Streitigkeiten".
1704 wurde ein protestantischer
Jüngling von 20 Jahren aus der Gegend
von Nürnberg in die katholische Kirche
aufgenommen und getauft. Sehr ausgiebig
war für die Armen gesorgt. Zu
wiederholten Malen im Jahr, so an
Weihnachten, Ostern, Pfingsten, Johannes
Baptist, Michael, Allerseelen konnte
Brot, Weck und Geld verteilt werden. Fast
immer geschah das im Anschluss an die hl.
Messe, der die Armen beiwohnen mussten
und nachher entweder den schmerzhaften
Rosenkranz oder drei Vater unser und
Glaube, Hoffnung und Liebe für die
Verstorbenen beteten.
Während der Fastenzeit wurde täglich
in der Kirche das Salve Regina gesungen;
zu Hause beteten die Familien
gemeinschaftlich den Rosenkranz. In der
Osternacht, an Weihnachten, Pfingsten,
Fronleichnam einschliesslich der ganzen
Oktav und am Fest der hl. Scholastika
betete der Pastor mit seinen Pfarrkindem
morgens in der Frühe Matutin und Laudes.
Waren wähend der Fronleichnams Oktav
nicht genügend Sänger zur Stelle, dann
begann gleich das Hochamt mit dreimaligem
Segen.
Am Fest des hl. Laurentius fand die
Predigt auf der an der Aussenwand der
Kirche angebrachten eisernen Kanzel
statt, weil der Zustrom der Leute aus den
benachbarten Winzerorten so gross war,
daß die Kirche nur einen geringen Teil
von ihnen fassen konnte. Auch hatten alle
Besucher der Kirche an dem Tag die
Möglichkeit, einen vollkommenen Ablass
zu gewinnen. Leider wurde die Kanzel, die
die Jahreszahl 1663 trug, bei Abbruch der
alten Pfarrkirche in die protestantische
Schlosskapelle in Cochem verkauft. An den
drei Kirmestagen wurde mit Böllern
geschossen; das Pulver zahlte die
Kirchenkasse. An Maria Himmelfahrt
segnete der Pastor die Kräuter
ausserhalb des Gotteshauses. Kreuz
Auffindung, Pauli Bekehrung, Divisio
Apostolorum, Aldegundis, Antonius Abt,
Anna, Hubertus, Barbara, Blasius,
Margareta und Servatius galten als
Halbfeiertage. Etwas ganz Eigenes war die
sog. Bremmer Weiberfastnacht, an der die
Kirche "den Weibern einen
Fastnachtstrunk" geben musste. Bis
zum Jahre 1835 erhielten die Frauen für
Fastnachtdienstag 1 Ohm Wein von der
Kirche, seitdem statt dessen jährlich 6
Taler aus der Kirchenkasse, Pastor
Pörtzgen, der 1888 diesen Brauch
abstellte, zog sich dadurch viel
Feindschaft in der Pfarrei zu. Noch am
19. August 1891 schrieb der
Kirchenvorstand beschwerend an das
bischöfliche Generalvikariat: "Die
Frauen haben rechtmässig 1 Ohm Wein von
der Kirche zu bekommen".
Ortsgeborene Priester sind nur acht mit
Namen bekannt.
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