Willi Klein |
Michaelskapelle
Bremm - Ein Kleinod am
Ortsausgang |
Michaelskapelle Bremm -
Ein Kleinod am Ortsausgang
Lichter der Liebe
leuchten bei Bremm
In der stürmischen
Herbstnacht vor dem Feste des hl.
Erzengels Michael starrte im Nonnenkloster zu
Stuben ein adeliges Fräulein aus
ihrem Zellenfenster hinaus in die
Finsternis. Der Wind heulte um die
starken Klostermauern, der Wald orgelte
ein schauriges Lied, längst schwiegen
die süßen Stimmen der Stubener
Nachtigallen.
Die Gedanken des Edelfräuleins Elsa
von Treis weilten in der Ferne bei ihrem
Bräutigam, dem Ritter Gottlieb von
Schwanau. Gegen ihren Willen hatte sie
ihr habgieriger Oheim und Vormund
Pfalzgraf Hermann gleich nach dem Tode
ihrer Eltern, da er sich ihres reichen
Erbes bemächtigen wollte, gewaltsam ins
Stift der adeligen Frauen nach Stuben
verbracht. Aber der Geliebte hatte
versprochen, sie noch vor Winteranfang zu
befreien und nach Burg Schwanau als
Gattin heimzuholen. Ob er noch an sein
Versprechen dachte? Allzulange wartete
sie schon ungeduldig Nacht für Nacht am
einsamen Zellenfenster. Vielleicht hatte
der Geliebte sie längst vergessen und
sein Herz einer anderen geschenkt? Bange
Zweifel nagten an ihrer Seele, wenn sie
nach draußen in die Dunkelheit brütete.
Unterdessen teilte ein Ritter mit
starken Armen die sturmgepeitschten Wogen
der sonst sanft dahinziehenden Mosel. Er
erreichte glücklich das jenseitige Ufer
und eilte mit raschen Schritten dem
Kloster zu. Dunkel ragte das mächtige
Gebäude vor ihm auf. Kein Fenster war
erleuchtet. Doch da eines
Elsas Zelle! Ein Öllämpchen verbreitete
spärliches Licht, aber genug, das
Gottlieb das Gemach seiner Braut finden
konnte. O, wie hoch war die Mauer! Er
versuchte hinaufzuklettern und riß sich
dabei die Finger blutig. Es schien. als
wolle die feste Klostermauer das
Eindringen eines Fremden nicht dulden.
Verzweifelt blickte der Ritter zum
Himmel. Hatte auch der sich gegen ihre
Liebe verschworen? Wie sollte er sich nun
der Braut bemerkbar machen? Eine Weile
ruhte er nachdenklich und traurig aus,
sandte ein Stoßgebet zu St. Michael,
nahm dann eine Handvoll Erde und warf sie
gegen das erleuchtete Zellenfenster. Elsa
erschrak, öffnete das Fenster und
spähte ins stürmische Dunkel draußen.
Elsa Elsa!, klang es
verhalten durch das Brausen des Windes.
Da jubelte ihr Herz, denn sie hatte die
Stimme des Geliebten erkannt. Rasch eilte
sie an das Wandschränklein und entnahm
ihm ein Seil, das sie vorsorglich für
die Flucht bereitgelegt hatte. Wenige
Minuten später glitt sie lautlos an der
Mauer entlang zur Tiefe, geradewegs in
die Arme Ritter Gottliebs. Da rief das
Klosterglöckchen die Nonnen zur Mette.
Die Liebenden er schraken, denn nun
würde Elsas Flucht entdeckt werden.
Die Klosterkirche füllte sich mit
Schwestern. Nur Elsas Stuhl blieb leer.
Die Meisterin der frommen Stubener Frauen
eilte nach oben und fand auch die Zelle
verwaist. Das weit offene Fenster und das
Seil waren Beweis genug für die Flucht
der Vermißten.
Schauerlich hallte die Sturmglocke
durch das Tal die Felsen des
Calmont warfen ihr Echo ans andere Ufer.
Die Bewohner des Winzerdörfleins Bremm
fuhren aus ihren Betten hoch. Inzwischen
suchten Elsa und Gottlieb einen Weg durch
Klostergarten und Auwald hinunter zur
Mosel. Schon hörten sie den Lärm der
suchenden Knechte und Weinbauern. Da riß
die Wolkendecke auf und Elsa entdeckte
unweit das glitzernde Band des Flusses.
Nur wenige Schritte noch und sie tauchten
in die Fluten. Gottlieb wußte nicht, wie
lange er, die kostbare Last im Arm, mit
den Wellen gerungen hatte, als er
plötzlich wie durch ein Wunder am
anderen Ufer oberhalb des Dorfes stand.
Moselabwärts drangen die Rufe der
Verfolger zu ihnen her dorthin
mußte die Strömung die Fliehenden
getrieben haben.
Der Morgen dämmerte, als Gottlieb die
Braut aufs Roß hob und mit ihr nach
scharfem Ritt die schützenden Mauern von
Burg Schwanau erreichte. In seinem Herzen
lebte die Gewißheit, daß Gott und St.
Michael ihre Treue gesegnet und beide
wunderbar vor den Verfolgern gerettet
hatte. Denn der Herrgott will nicht, daß
ein Mensch gegen seinen Willen ins
Kloster gezwungen werde.
Zum Danke für die Errettung baute
Ritter Gottlieb später an der Stelle bei
Bremm, wo er damals mit seiner nun vor
Gott und der Welt angetrauten Eheliebsten
das andere Ufer betreten hatte, dem
Erzengel Michael eine Kapelle. Noch heute
brennen dort zuweilen an Abenden Kerzen
vor dem Bilde der Schmerzensmutter, die
Liebende in ausweglos scheinender
Herzensnot entzünden.
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