Klaus Dieter
Kerckhoff |
Die Glocken von St.
Laurentius |
Die Glocken von St.
Laurentius
Aus der Bremmer Chronik
Bearbeitet von
Klaus Dieter Kerckhoff, Hagen
Die Gemeinde Bremm hatte
von jeher vier Glocken. Die kleinste
wurde am Patronatsfest durchs Dängeln
von mutwilligen Buben versprengt, jedoch
ein Jahr später im Jahre 1808 in Mahburg
wieder umgegossen. Dieselbe erlitt
bereits 1814 erneuten Schaden und wurde
1819 an Herrn Johann Schadt in Neuwied
verkauft. Sie wog 340 Pfund. Gegossen
ward sie im Jahre 1575.
Im August 1826 wurde die alte, schöne
große Glocke ebenfalls versprengt,
vermutlich durch zu starkes Läuten und
jähes Aufhalten.
1830 sollte der bekannte
Glockengießer Herr Gaulard, ein
Franzose, den Umguß der Glocke
wahrnehmen. Jedoch wollte die Königliche
Regierung auf keinen Fall einem
Ausländer den Verdienst zukommen lassen.
Hierauf schloß man einen Vertrag mit dem
Glockengießer Friederich Bernhard aus
Tiefenbach (Kreis Wetzlar).
Anfang August 1831 begann Friederich
Bernhard seine Arbeit, zugleich besaß er
einen Auftrag der Gemeinde Mesenich sowie
der Gemeinde Horfeld am Rhein.
Der Guß begann am 20. Februar. Die
alte versprungene Glocke wurde
zerschlagen und stückweise gewogen.
Seinerzeit, 1572 gegossen, war sie eine
sehr schöne Glocke in Klang, Form und
Guß, 3338 Pfund schwer.
Nachdem nun der Guß am 20. Februar
1831 der neuen Glocke abgeschlossen und
dieselbe aus der Grube gehoben, sah man
sogleich, obwohl sie noch zum Teil
verputzt war, die vielen fehlerhaften
Stellen.
Mißgestaltet in der Form, zu leicht
im Gewicht, und dazu noch durchlöcherte
Stellen! Verständlichweise war die
Bevölkerung von Bremm unzufrieden. Auch
die Vertreter der Königlichen Regierung,
welche den Guß in Augenschein genommen,
hielten die Glocke nicht für gut und
tauglich. Vertragsgemäß sollte sie
umgegossen werden, oder aber Meister
Bernhard sollte auf seinen Lohn
verzichten, wobei er sich zu letzterem
entschloß.
Unterdessen verbreitete sich der Ruhm
des französischen Glockengießers
Gaulard. In der Gemeinde Kröv hatte er
eine schöne 3636 Pfund schwere Glocke
gegossen. Ebenfalls drei auf Bombogen und
drei auf St. Mathias zu Trier, wovon die
schwerste 2700 Pfund wog. Mehrere
Betrachter überzeugten sich seinerzeit
an Ort und Stelle von der perfekten
Arbeit des Franzosen. Sie fanden bessere
Werke als die durch Meister Bernhard vor.
Die Einwohner Bremms waren gestimmt,
einen Vertrag mit Meister Gaulard
abzuschließen, damit endlich wieder ein
schönes Geläut zustande kommen möchte.
Am 12. März 1833 traf der Meister in
Bremm ein. Nach Beratungen des Kirchen-
und Gemeindevorstandes unterschrieben die
Verantwortlichen schon am 14. März einen
Vertrag. Meister Gaulard erhielt nun den
Auftrag, die drei größten Glocken
umzugießen. Die große Glocke sollte
3200 Pfund, die mittlere 2400 Pfund und
die kleinste 1700 Pfund wiegen. Das
fehlende Gewicht sollte mit fünf Teilen
rotem Blockkupfer und einem Teil
englischem Zinn ausgeglichen werden.
Damals hatte man geglaubt, die Glocken
lägen im Gewicht entsprechend über
3000, 1800 bzw. 1000 Pfund, aber man
irrte sich gründlich. Und somit war der
errechnete Zuschuß von 1300 bis 1400
Taler zu niedrig angesetzt. Am 19.
September 1833 warf man die Glocken
herunter und zerschlug sie, um dieselben
stückweise zu wiegen. Ein bedeutender
Unterschied im Gewicht stellte sich
heraus: 2293 1475 721
Pfund!
Bild links:
Beinahe wären die Bremmer Glocken Ende
des 2. Weltkrieges noch zu Kanonen
umgeschmolzen worden.
Die neuen Glocken sollten auf der
Gießerei in Stadt-Kill gegossen werden.
Der Fuhrmann Baltasar Kaspers von Birgel
und Consorten transportierte das
zerschlagene Metall im Auftrage von
Meister Gaulard zur Gießerei. Meister
Gaulard mußte das alte Metall auf seine
Rechnung aus Bremm abtransportieren und
die neuen Glocken hinterher abliefern.
Anbei ist zu bemerken, daß die Kirche
zwei Drittel und die Gemeinde ein Drittel
der Zuzahlung tragen musste. Der
ausgehandelte Glockenguß-Vertrag erhielt
damals die Genehmigung des
Generalvicariats in Trier, als auch der
Königlichen Regierung in Koblenz.
Anfang 1833 ging Meister Gaulard
daran, die Formen der Glocken
anzufertigen. In seiner Gießerei in
Brabant war er sehr beschäftigt, glaubte
aber dennoch, im Dezember den Guß
vornehmen zu können. Bereits zu einem
früheren Zeitpunkt wurden die drei
schlechten Glocken vom Turm der Bremmer
St. Laurentius-Kirche heruntergeworfen,
zerschlagen und gewogen.
Nun wartete man im Dorfe mit Ungeduld
auf den Tag des erwünschten
Glockengusses. Durch anhaltendes
Regenwetter jedoch wurde derselbe bis
Februar 1834 verschoben. Am 3. Februar
kam die Nachricht in Dorf, daß der Guß
am 10. Februar vorgenommen werden sollte.
Gemäß des Vertrages sollte je ein
Mitglied des Kirchen- und
Gemeindevorstandes dabei zugegen sein. Um
die Echtheit des zugeschossenen Metalls
als auch des neuen an Ort und Stelle
einzusehen sowie bei der Abwiegung der
neuen Glocken zugegen zu sein. Die
Gemeindeschöffe Joseph Henrichs und der
Kirchenschöffe und diener Martin
Pellenz wurden dazu beauftragt. Sie
verfügten sich am 8. Februar auf
Stadt-Kill.
Am 10. wurde der Schmelzofen mit 103
Zentner Metall angefüllt, wobei all das
Zerschlagene hinein kam. Sodann der
Zuschuß von Meister Gaulard, welcher
gemäß Vertrag in 70 bis 80 Pfund
schweren Stücken aus feinstem englischen
Zinn und rotem Blockkupfer bestand.
Feststeht, daß der Guß erst am 11.
Februar vorgenommen ward. Also am
Fastnachtsdienstag, und zwar Mittags um
12:00 Uhr, entfachte man das Feuer im
Schmelzofen. Es brannte ununterbrochen
bis abends um 7:00 Uhr, als der Guß der
neuen Glocken von St. Laurentius zustande
kam.
Die zwei großen wurden zugleich, die
kleinere allein geformt. Insgesamt
verbrauchte der Meister 5 bis 6 Klafter
Holz, denn es hielt schwer, die Blöcke
Rotkupfer zu schmelzen. Das feine
englische Zinn gelangte erst zum Schluß
hinzu.
Nach dem Guß behauptete Meister
Gaulard sogleich, daß seiner Meinung
nach dieses Geschäft
glättlich vonstatten
gegangen wäre.
Donnerstags darauf, am 13. vormittags,
goß der Meister in der gleichen Grube
vier weitere kleine Glocken. Die beiden
kleinen Glocken für Bremm bestimmt,
befreite er schon am gleichen Nachmittag
aus der Form.
Am darauffolgenden Freitag gelangte
die größte aus der Grube. Schon der
erste Anblick bestätigte die gute Arbeit
des Meisters aus Frankreich. Alsdann ging
man am 19. Februar, einem Mittwoch, auf
dem Hüttenwerk zum Wiegen über. Hierbei
stellte sich heraus, daß die größte
4060, die mittlere 2900 und die kleinste
gar 2055 Pfunde auf die Glockenwaage
brachte! Somit konnten die abgestellten
Beobachter der Gemeinde Bremm ihre
Heimreise antreten.
Am 3. März gelangt Meister Gaulard
mit den neuen Glocken nach Bremm. Das
junge Volk ging schon mit verzierten
Sträußen und Musik den Glocken bis
Beuren entgegen. Im Dorf selber
betrachtete man dieses Ereignis als eine
große Stunde.
Auf jeder Glocke brachte der
Glockengießer eine neue Achse an. Die er
selber regulierte. Ein neuer Stuhl für
die zwei kleinsten Glocken waren schon
vorher von Meister Deitel angefertigt
worden und stand vor der Kirche in
Bereitschaft. Zu der großen Glocke
richtete man den in schlechtem Zustand
befindlichen Stuhl einstweilen wieder
her.
Zu den Beschlägen wurden außerdem
noch 782 Pfund neues Eisen verbraucht, so
daß insgesamt 10 Zentner benötigt
wurden.
Sonntags am 16. März wurde die
Glockenweihe vorgenommen, wobei
wildfremde Menschen eintrafen und sich
sehr über diese Glocken und deren
vollkommene Harmonie wunderten. Alle drei
hingen in einer Reihe vor der Kirche St.
Laurentius und konnten geläutet werden.
Folgende Leute standen persönlich vor
der großen Laurentius-Glocke: der Herr
Oster, Landrat von Cochem; die Madame
Bürgermeister von Eller.
Bei der mittleren, der
Sebastianus-Glocke: der Herr Friederichs,
Bürgermeister von Eller, und die Madame
Landrätin von Cochem.
Bei der kleinsten, der Maria-Glocke:
Mathias Joseph Pellenz und die Frau Peter
Gietzen von Bremm.
Dieses war in der Gemeinde ein
würdiger und feierlicher Tag.
Nachdem nun die Beschläge ganz
angefertigt waren, wurden die Glocken am
20. März durch den Schiffer Leonard Maas
von Ediger laut Vertrag zu 24 Reichsmark
auf den Turm der Bremmer Kirche gezogen.
Vorher waren alle nötigen Vorkehrungen
getroffen worden, und somit gelangten die
neuen Glocken am Nachmittag innerhalb von
vier Stunden an ihren Platz.
Am Tag darauf angeschlagen, und schon
am 23. Sonntags stark gebraucht. Seit dem
13. Februar 1833 hatten sich die
Einwohner von Bremm mit der kleinsten
Glocke, welche sich noch im Turm
befindet, behelfen müssen.
Aus einer Abrechnung mit dem Meister
Gaulard geht hervor, daß er gemäß
Vertrag für die neuen Glocken einen
Betrag von 2624 Taler und 14 Reichsmark
bekam. Ferner gemäß einer richtig vom
Kirchen- und Gemeindevorstand
aufgestellten Rechnung über die
Glockenstühle, Achsen, verbrauchtes
Eisen und Stahl, Zahlung der
Handwerksleute, die 13tägige Reise der
Schöffen Henrichs und Pellenz auf
Statt-Kill zum Guß, und das Mahlgut an
Herrn Gietzen am Tag der Glockenweihe
einen Betrag von Summa Summarum 223 Taler
7 Silbergroschen 8 Pfennigen.
Insgesamt also: 2837 Taler 21
Silbergroschen 8 Pfennige.
Hiervon übernahm die Kirche: 1891
Taler 24 Silbergroschen 5 Pfennige.
Und die Gemeinde übernahm: 945 Taler 27
Silbergroschen 3 Pfennige.
Die von Herrn Pastor Burg für diese
Glocken entworfenen Inschriften lauten:
Laurentius-Glocke:
Laurentius ist diese Glocke genannt
Gott behüt vor Unglück Bremm und
das Vaterland. Sie ward gegossen unter
Joseph von Hommer, Bischof von Trier;
Peter Franz Oster, Landrat vom Kreis
Cochem; Caspar Friederichs,
Bürgermeister von Eller; Martin Burg,
Pastor; Johann Peter Schinnen; Thomas
Koerstges; Martin Pellenz; Peter
Koerstges und Jacob Unzen,
Kirchenschöffe in Bremm; Joseph
Henrichs; Wilhelm Schmitz und Vielas
Bremm, Vorfahr der Gemeinde Bremm von 141
Bürgern. Gegossen durch die Gebrüder
Johann Baptist Nicolas und Franz
Alexander Gaulard in Stadt-Kill im Jahr
1833.
(Wegen anhaltendem Regenwetter musste
der Glockenguß bekanntlich bis Anfang
des Jahres 1834 verschoben werden, jedoch
war auf der Form die Jahreszahl 1833
gesetzt worden. Anmerkung des
Herausgebers.)
Die Mittlere Glocke
Sebastianus-Glocke ist diese Glocke
genannt im Bremmer Turm. Bewahr Gott
Bremm vor Krankheit, Feuer und Sturm.
Lass Gott zu deiner Ehr sie dienen lange
Zeit und recht vielen läuten zur Reise
in die frohe Ewigkeit. Gegossen in
Stadt-Kill durch die Gebrüder Johann
Baptist Nicolas und Franz Alexander
Gaulard.
Die kleinste Glocke
Maria ist diese Glocke genannt, bewahr
sie Gott vor Unglück, Sturm und Brand!
Gott lass sie dienen lange Zeit dem Orte
Bremm als fröhliches Geläut.
Für die drei Glocken wurden
einstweilen alte Klöppel genommen. Jener
in der größten wog 114 Pfund, in der
mittleren 69 Pfund, war aber noch zu
leicht. Zu der kleinsten ließ der
Meister Gaulard beim Schlossermeister
Finken in Aul, zwei Stunden hinter
Stadt-Kill, einen Klöppel von 57 Pfund
anfertigen. (Zum Preise von 13 Taler 9
Silbergroschen). Dazu benötigte er drei
Stahlschrauben zur Befestigung der
Klöppel an alle drei Glocken.
Da Meister Gaulard die beiden anderen
Klöppel wegen ihrer unregelmäßigen und
zu leichten Form nicht für tauglich
befand, wurde ihm sogleich der Auftrag
begeben, nach seinem Modell für die zwei
größten Glocken auch bei Meister Finke
neue Klöppel zu bestellen.
Auf Umwegen gelangten später neue
Klöppel des Schlossermeisters Michael
Philips aus Trier nach Bremm.
Nachträgliche Bemerkungen
(Originalfassung des Verfassers)
Wenn unglücklicherweise eine von
diesen drei Glocken über kurz oder lang
verspringen sollte, so ist bei dessen
Umguß sehr streng darauf zu halten, daß
selbe wieder ganz nach dem nämlichen
Modell in der Weite oben und unten, Höhe
und Dicke angefertigt werden soll, denn
außer diesen wurde dieses wunderschöne
Geläut, welches jetzt den
ausgezeichneten Ruhm auf dem ganzen
Moselstrome hat, nicht wieder hergestellt
werden können.
Aufgestellt zur Nachsicht für die
Zukunft.
Zu Bremm den 4. August 1834
Der Bürgermeister Martin Pellenz
Auch die weitere Geschichte
der "Glocken von St.
Laurentius" ist bekannt. Sie wurden
im zweiten Weltkrieg zwar abmontiert und
weggebracht, doch kehrten Sie im Jahre
1947 wohlbehalten zurück. Diese
abenteuerliche Geschichte wurde vom
"Historia Bremum - Das Team Bremmer Chronik"
erarbeitet und kann unter "Die
Glocken von St. Laurentius - Zweiter Teil"
nachgelesen werden.
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