Geschichtliche Parallelen Geschichte und Anekdoten von Bremm und Kloster Stuben
Franz Josef Blümling, 2005 Die Kapelle auf dem Petersberg inmitten des Friedhofes

Die Kapelle auf dem Petersberg
inmitten des Friedhofes

Droben stehet die Kapelle,
schauet still ins Tal hinab,
drunten singt bei Wies’ und Quelle
froh und hell der Hirtenknab’.

Traurig tönt das Glöcklein nieder,
schauerlich der Leichenchor,
stille sind die frohen Lieder,
und der Knabe lauscht empor.

Droben bringt man sie zu Grabe,
die sich freuten in dem Tal;
Hirtenknabe, Hirtenknabe!
dir auch singt man dort einmal !

Der schmale, von der Mosel umflossene Berggrat des Petersberges ist zweifellos einer der landschaftlich schönsten Punkte des gesamten Moseltales. Recht schnell stellt sich den vielen Besuchern dieses schönen Fleckens die Frage, weshalb gerade hier auf dem Berg die Neefer ihre Verstorbenen begraben und das schon seit frühester Zeit. Ein bescheidenes Grab hier oben auf dem Berg kann für jeden Neefer die aufwendigste Gruft der Welt nicht ersetzen.

Die Legende berichtet, Gott habe auf wunderbare Weise seinen Willen kund getan, daß die Kapelle auf dem Berg erbaut werden sollte. In drei aufeinanderfolgenden Nächten seien Engel herniedergestiegen und hätten das Baumaterial, das zur Errichtung einer neuen Kirche im Ort vorgesehen war, auf den Berg getragen. Der damalige Pfarrer, der selbst Nachtwache hielt, soll Zeuge dieses Geschehens gewesen sein. Auch wird berichtet, daß die Klosterfrauen von Stuben zur Errichtung der Kapelle Geld gespendet haben.

Was überliefern uns jedoch nüchterne Aufzeichnungen aus jener Zeit von Geschehen um den Neefer Petersberg mit seiner Kapelle und dem Friedhof? Anno 1137 wurde das Nonnenkloster Stuben am Fusse des Petersberges gegründet. Es erhielt als Grundausstattung eine reiche Stiftung des Edlen Egelolffus, was ein kleines Burghaus mit Kapelle und Hof, Weingärten und sonstigen Besitz auf der damals noch existierenden Moselinsel ausmachte. Erzbischof Albero von Trier schenkte 1140 dem Kloster zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit die Kirche von Neven nebst Gefälle und Einkünften. Es war dies die Capellen auf dem Petersberge. Sie war wahrscheinlich vorerst auch das Gotteshaus für die Nonnen, da die von Egelolffus gestiftete Hauskapelle für das Kloster eigentlich nicht gross genug sein konnte. Der Bau einer Klosterkirche war sicherlich von Anfang an in der Planung, zumal in den Gründungsstatuten festgelegt war, daß bis zu 100 Nonnen in das Kloster eintreten konnten. Bereits 1146 wurde mit dem Bau einer Klosterkirche begonnen, die nach Fertigstellung dem hl. Nikolaus geweiht wurde.

Es wird überliefert, daß die Peterskapelle nicht nur die Pfarrkirche für Neef, sondern auch für die Umgegend war. Mit der Umgegend können nicht die Nachbargemeinden Bremm, Ediger-Eller oder Senheim gemeint sein. Diese Dörfer hatten ihr eigenes Gotteshaus und eine eigene Pfarrei. Auf einer alten Landkarte finden wir neben Neff noch zwei Siedlungen im Bereich des Petersberges, wovon die eine Zurshobon und die andere Rumpenheim oder auch Rumpenkirchen benamt wird. So dürfte eine Dorfgemeinschaft, bestehend aus Neff, Zurshobon und Rumpenheim / Rumpenkirchen die Peterskapelle als Pfarrkirche gehabt haben. Zurshobon lag direkt an der Mosel unterhalb eines schroffen Felsens, was auch lt. Namensforscher Bach die Benennung erklärt. Vermutlich wohnten hier die Beschäftigten des Klosters, wie z. B. Mägde, Knechte, Hirten und Köhler. Rumpenheim / Rumpenkirchen lag hoch auf dem Petersberg. Man benannte die Siedlung vermutlich deshalb so, weil sie aus Trümmern eines römischen Kastells (das man rumpfte) errichtet wurde (wie auch die Benennung von Rumpenheim a. Main erklärt wird), aus denen ja mutmasslich auch die Peterskapelle gebaut worden ist – die Steine zum Bau lagen dort parat – wie von Gott gewollt.

Seit 1316 war die Peterskapelle nicht mehr die Pfarrkirche für Neef. Diese war nunmehr die Matthiaskirche unten im Ort. Ab und zu wurde jedoch dort oben noch die Messe gehalten, was 1656 nur noch an jedem 3. Sonntag geschah. 1804 wird die Kapelle nur noch bei Begräbnissen gebraucht.

Lange wurden die Verstorbenen auf ihrem letzten Weg über einen steilen und holprigen Weinbergspfad nach oben getragen. Dies geschah in einem frommen und feierlichen Ritual unter Beteiligung der Dorfgemeinschaft. Im Rahmen einer Flurbereinigung wurde der Südhang des Petersberges regelrecht auf den Kopf gestellt. Der uralte Totenweg mit den alten Kreuzwegstationen wurde von Baggern überwalzt. Seit 1959 werden die Verstorbenen mit dem Leichenwagen über eine asphaltierte Strasse nach oben gefahren. Dem modernen Gefährt folgt eine Kolonne von Autos mit den Trauergästen. Ein schönes altes Ritual hat dem Fortschritt Platz gemacht. Der letzte Verstorbene, welcher der alten Tradition nach über den Totenweg zum Petersberg gebracht wurde, war der verstorbene Pfarrer Rauber. Ihm erfüllte man mit dieser Würdigung einen letzten Wunsch.

Während des letzten Krieges wurde die Kapelle sehr stark beschädigt. Die Glocke verstummte. Die Wiederherstellung der Kapelle hatte allererste Priorität. Längst, bevor die Kriegsschäden an den eigenen Häusern beseitigt wurden, gingen die Neefer an den Wiederaufbau ihres Gotteshauses auf dem Berg. Männer trugen die schweren Baumaterialien den steilen Weinbergspfad hinauf zur Baustelle. Mädchen und Frauen, ja sogar Greisinnen und Greise, transportierten Bretter und Wasser nach oben. Auch die Schulkinder beteiligten sich an den Aktivitäten. Als im Jahr 1949 die Peterskapelle wieder hergerichtet war und die Totenglocke aus dem Jahr 1687 gemäss ihrer Inschrift „Ich rufe die Lebendigen und begrabe die Toten“ wieder erklang, ging man daran, die Schäden am eigenen Haus zu reparieren. Nun war für die Neefer die Welt wieder in Ordnung.

Der Altar in der Peterskapelle ist ein gut aufgearbeitetes Werk der Spätrenaissance aus der Mitte des 17 Jh.. In der Mitte zeigt er ein Relief der Kreuzabnahme und seitlich davon die Figuren des hl. Petrus und Paulus. Darüber wird die Auferstehung zwischen den hl. Sebastian und Rochus dargestellt. Der Altar stammt aus dem Kloster Stuben. Auch er hat unter Kriegsschäden gelitten und wurde zusätzlich beraubt, so daß heute einige Altarfiguren fehlen


Literaturnachweis
  Bach, Adolf, Deutsche Namenskunde
  Beyer, Heinrich, Urkundenbuch mittelrheinischer Territorien
  Eiden, Hans, Zehn Jahre Ausgrabungen an Mittelrhein und Mosel
  Goerz, Adam, Mittelrheinische Regesten
  Goerz, Adam, Regesten der Erzbischöfe zu Trier
  Günther, Wilhelm, CODEX DIPLOMATICUS RHENO-MOSELLANUS, Urkunden-Sammlung
  Hessel, Karl, Sagen und Geschichten des Moselthals
  Jungandreas, Wolfgang, Historisches Lexikon der Siedlungs- und Flurnamen des Mosellandes
  Kiliani, Wolfgangi, NOVA TOTIUS TRACTUS RHENANI E CONATIBUS Geographicis de scriptio MDCXX
  Lehfeldt, Paul, Die Bau- und Kunstdenkmäler des Regierungsbezirks Coblenz
  Lorenzi de, Philipp, Beiträge zur Geschichte sämtlicher Pfarreien der Diöcese Trier
  Mathar, Ludwig, Die Mosel
  Naumann-Humbeck, Studien zur Geschichte der Grafen von Sponheim vom 11. bis 13. Jahrhundert
  Pauly Ferdinand, Das Landkapitel Zell-Kaimt
  Rumpenheim am Main, 1200-Jahr-Feier
  Uhland, Ludwig, Die Kapelle
  Vogts, Hans, Die Kunstdenkmäler des Kreises Zell a.d. Mosel
Die Texte wurden vom Originaldokument (mit evtl. Fehlern) übernommen, ohne Anpassung an die aktuelle deutsche Rechtschreibung. Stich von der Peterskapelle aus: Hauptmann, „Die Mosel“, 1908
Foto: Altar vor der Kriegsbeschädigung und Beraubung, Rheinisches Bildarchiv, Köln
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