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Ferdinand
Pauly, 1968 |
Aus
der Geschichte des Bistums Trier |
Aus der Geschichte des
Bistums Trier
Auszug aus dem Buch
von Ferdinand Pauly, 1968
DAS AUGUSTINER-FRAUENKLOSTER
IN STUBEN -
Seite ...
Als in den 20er und 30er Jahren dieses
Jahrhunderts die Moseldampfer mit ihren
breiten Radkästen im Sommer noch
täglich auf der Mosel zwischen Koblenz
und Trier verkehrten, war Stuben bekannt
als eines der landschaftlichen Kleinode,
in denen die Moselreisenden sich
erfreuten. Wenn das Schiff, von Alf
kommend, die enge Moselschleife bei Bremm
umfuhr, tauchte rechter Hand zwischen den
Weinbergen, Gärten und Wiesen der weit
in den Fluß sich vorschiebenden Talaue
die Ruine der Klosterkirche von Stuben
auf, zunächst nur in ihrer schmalen
Front erkennbar, dann aber, wenn das
Schiff das Ende der Moselschleife
erreichte, dem Auge sich in ihrer
vielfenstrigen Breite darbietend. Die
Fremden, die einen Urlaub an der damals
noch so stillen Mosel mit einer Fahrt auf
dem Fluß verbanden, schlugen die
gefalteten buntgedruckten Moselkarten auf
- oder sie wandten sich an einen, der wie
ein Einheimischer aussah - und erfuhren:
Das ist Stuben, ein ehemaliges
Frauenkloster, das zur Zeit der
französischen Revolution aufgehoben
wurde. Die Klostergebäude wurden
abgebrochen, ihre Steine als Baumaterial
verwendet, und so wäre es schließlich
auch mit der ohne Dach der Witterung
preisgegebenen Ruine der Kirche gegangen,
wenn nicht die Staatliche Denkmalpflege
eingegriffen hätte.
Die Geschichte von Stuben beginnt
einige Jahre vor 1137. Ein gewisser
Egelolf übergab dem Abt Richard von
Springiersbach seinen Hof mit Weinbergen
und einer Kapelle in Stuben mit dem
Wunsch, es solle dort ein Kloster
entstehen, in welchem seine Tochter
Gisela zusammen mit Jungfrauen oder
Witwen "in Armut dem armen
Christus" nach der Regel des
heiligen Augustinus und unter der
Oberleitung des Abtes von Springiersbach
nachfolgen könnten. Richard von
Springiersbach stimmte dem Plan zu. Was
in Stuben von den Verwandten Egelolfs und
dessen Frau an Erbansprüchen etwa
geltend gemacht werden konnte, löste er
durch Kauf ab und begann dann mit dem Bau
der Klostergebäude.
Er ging dabei so vor, daß er das
Hofhaus Egelolfs in entsprechender Weise
erweiterte. Die Kapelle des heiligen
Nikolaus konnte für den Gottesdienst des
zunächst kleinen Konvents, der in ihr
das Chorgebet hielt, übernommen werden.
Der Trierer Erzbischof Albero bestätigte
1137 die Umwandlung des Hofs in ein
Kloster, das er in seinen Schutz nahm.
Aufgrund der Erfahrungen mit dem 1127/28
in Andernach gegründeten
Springiersbacher Frauenkloster, zu dem
die unverheirateten Töchter des Adels
sich drängten, setzte der Erzbischof
für Stuben die Zahl der aufzunehmenden
Schwestern auf höchstens 100 fest.
Diese Anordnung ist höchst
aufschlußreich. Der Hof Egelolfs mit
seinen Weinbergen reichte zum
Lebensunterhalt für 100 Personen in
keiner Weise aus. Andererseits aber ließ
die Entwicklung in den Springiersbacher
Klöstern Lonnig und Andernach bis zum
Jahr 1137 erkennen, wie groß die
aufgestaute Bereitschaft zu einem
klösterlichen Leben selbst unter
ärmlichsten Verhältnissen war, sobald
unverheirateten Frauen und Witwen die
Möglichkeit geboten wurde, sich zu
religiösen Gemeinschaften
zusammenzuschließen. Diese Tatsache ist
ein untrügliches Kennzeichen für den
Ernst und die Entschlossenheit, das in
Springiersbach proklamierte Ideal,
"in Armut dem armen Christus
nachzufolgen", aufzugreifen und zu
verwirklichen.
Erzbischof Albero schenkte im Jahr
1140 den Schwestern auf der Insel des
heiligen Nikolaus "in Stuppa"
die ihm vom Pfalzgrafen Wilhelm
überlassenen Einkünfte der Filialkirche
im Nachbarort Neef und den Zehnten von
den Feldern, die durch Rodung im
Bischofswald Lare bei Düngenheim in der
Nähe von Kaisersesch entstanden waren.
Vor seinem Tod erwarb Richard von
Springiersbach ( 1158) von der
Prämonstratenserabtei Arnstein an der
Lahn für 80 Pfund Silber deren Güter in
Neef und Bremm, die Graf Ludwig von
Arnstein der von ihm gestifteten Abtei
Arnstein geschenkt hatte. Die Nachfolger
des Erzbischofs Albero, Hillin (1152 -
1169) und Arnold (1169 - 1183), bedachten
Stuben ebenfalls mit Schenkungen, zu
denen unter anderem das Patronatsrecht
und die Einkünfte der Filialkirche in
Urschmitt gehörten. Erzbischof Johann
von Trier (1189 - 1212) fügte das
Patronatsrecht und die Einkünfte der
Filialkirche in Düngenheim hinzu.
Erzbischof Johann weihte im Jahr 1190
die inzwischen an der Stelle der Kapelle
von 1137 entstandene neue Klosterkirche
von Stuben ein.Aus
späteren Nachrichten ist zu entnehmen,
daß ein grundlegender Neubau der Wohn-
und Wirtschaftsgebäude im Sinn einer um
einen Kreuzgang gruppierten Klosteranlage
nicht errichtet wurde. Man blieb bei dem
von Richard von Springiersbach vor 1137
vorgenommenen Ausbau des Hofs Egelolfs,
an den die erforderlichen Nebengebäude
angefügt wurden. Die Kirche des 12.
Jahrhunderts wurde Ende des 17.
Jahrhunderts durch einen größeren
Neubau im Stil der nachwirkenden
Spätgotik ersetzt. Die Ruine dieser
Kirche ist als einziges der Gebäude des
Klosters erhalten.
Mit guten Gründen darf man annehmen,
daß nach der im Jahr 1137 juristisch
abgeschlossenen Gründung von Stuben
Gisela, die Tochter des Stifters Egelolf,
als Meisterin die Leitung des
Frauenkonvents übernommen hat. Die
Urkunde von 1137 enthält zwar keine
näheren Einzelheiten über die der Zeit
entsprechende standesrechtliche
Einordnung Egelolfs, doch darf man ihn
wohl der Schicht des niederen Adels
zuweisen. Die Entwicklung des Stubener
Konvents bis zum Anfang des 13.
Jahrhunderts läßt keinen Zweifel daran,
daß die Adelsfamilien in den Orten an
der Mosel und in der näheren Eifel
Stuben als ihr Kloster betrachteten.
Das wird klar in der Gestalt der
Meisterin Irmingard von Ulmen, die in
Urkunden von 1208 bis 1253 bezeugt ist.
Die Herren von Ulmen, die später als
Edelfreie galten, gehörten im 12.
Jahrhundert zu den Reichsdienstmannen.
Heinrich von Ulmen nahm am vierten
Kreuzzug teil, der infolge der
Verquickung religiöser und politischer
Ziele zu einem höchst zweifelhaften
Unternehmen wurde. Das Heer der
Kreuzfahrer, das nach Palästina gehen
sollte, wurde zunächst zur Eroberung von
Konstantinopel, der Hauptstadt der
Restgebiete des christlichen
oströmischen Reichs, eingesetzt. Bei der
Eroberung von Konstantinopel im Jahr 1204
kam es zu einer äußerst beklagenswerten
Plünderung auch der Kirchen der Stadt.
Die Kreuzfahrer stürzten sich auf die
kostbar gefaßten Reliquien. Heinrich von
Ulmen erbeutete ein kunstgeschichtlich
unschätzbares Kreuzreliquiar,
das er nach der Rückkehr vom Kreuzzug
dem Frauenkloster Stuben schenkte, wo
seine Schwester Irmingard als Meisterin
den Konvent leitete. Dieses
Kreuzreliquiar wurde in Stuben als
Heiligtum bis zum Ende des 18.
Jahrhunderts gehütet. Es kam dann in den
Trierer Domschatz und wurde im Jahr 1794,
als die Invasion französischer
Revolutionstruppen bevorstand, zusammen
mit dem Trierer Domschatz in das Gebiet
des Bistums rechts des Rheins verbracht,
dort aber 1803 vom Landesherrn
beschlagnahmt und schließlich dem 1827
errichteten Bistum Limburg zusammen mit
anderen Stücken des Trierer Domschatzes
geschenkt.
Wie in den anderen Springiersbacher
Frauenklöstern wirkten auch in Stuben
Kanoniker aus Springiersbach, die den
Titel eines Priors führten, als
Seelsorger und Güterverwalter. Neben
ihnen und dem Konvent findet man im 13.
und 14. Jahrhundert einzelne Männer und
Frauen, die als Laienbrüder
beziehungsweise als Beginen zum äußeren
Kreis der Klostergemeinschaft gehörten
und in verschiedenen Funktionen tätig
waren. Aus dieser Zeit liegen aber auch
Zeugnisse dafür vor, daß der Zustrom
nach Stuben nachließ und in der strengen
Lebensführung jene Lockerungen
eintraten, wie sie aus St. Thomas in
Andernach und aus Schönstatt bekannt
sind. In der zweiten Hälfte des 13.
Jahrhunderts hatte der Konvent noch 64
Mitglieder. Die Zahl ging dann innerhalb
einiger Jahrzehnte auf 40 zurück;
Erzbischof Balduin (1307 - 1354) setzte
sie auf 30 herab. Die Entwicklung der
Erträge der Klosterhöfe mag dazu
beigetragen haben, wohl aber auch der
Umstand, daß bei höheren Ansprüchen in
die Lebensführung seitens des adeligen
Konvents die Einkünfte für eine
größere Zahl von Konventsmitgliedern
nicht mehr ausreichten. Die Durchbrechung
des Gelübdes der persönlichen Armut
ergibt sich für das 14. Jahrhundert
daraus, daß Konventsmitglieder mit
eigenen Einkünften ihre
Jahrgedächtnisse im Kloster stifteten.
Krasser kann der Gegensatz zu der
Gemeinschaft, die einmal alles gemeinsam
hatte und ein Herz und eine Seele war,
wohl kaum ausgedrückt werden.
So wurde Stuben - gleich Andernach -
zu einer Sorge für die Trierer
Erzbischöfe bis zum Ende des 18.
Jahrhunderts. Die immer wieder
angeordneten Reformen stießen auf den
hinhaltenden und erfolgreichen Widerstand
des Konvents und der hinter ihm stehenden
Adelsfamilien. Die Durchführung der
Reformen wurde versprochen, aber man fand
stets genügend wirkliche oder
vorgeschobene Gründe zu ihrer
Verschiebung. Nach dem Bericht über die
Visitation, die der Trierer Erzbischof
Richard von Greiffenklau im Sommer
1511 hielt, hatten die Schwestern in
Stuben, von denen jede eine eigene Magd
hatte, das gemeinsame Leben aufgegeben,
das heißt: jede lebte für sich in einer
Wohnung mit Küche, und die Mägde
betrieben für ihre Schwestern eine
eigene Kleinviehhaltung. Der erlassene
Befehl, für alle Schwestern einen
gemeinsamen Schlafsaal (Dormitorium) zu
bauen und für die häufig auf
wochenlangen Besuch kommenden Verwandten
ein Gästehaus zu errichten, wurde nicht
ausgeführt, und zwar mit der
Begründung, dafür habe man kein Geld,
und im übrigen sei man mit der
Unterbringung der Verwandten in den
Wohnungen der einzelnen Schwestern bisher
gut ausgekommen.
Das
fehlende Geld für Neubauten war
natürlich ein Argument, das man nicht
mit einer Handbewegung abtun konnte, und
so blieben die erlassenen
Reformanordnungen auf dem Papier.
Erst der letzte Trierer Erzbischof
entschloß sich zu einer durchgreifenden
Änderung der Verhältnisse in Stuben.
Ein Frauenkloster, das zu einer reinen
Versorgungsanstalt des Adels geworden
war, sollte auch als solche nach außen
erkennbar werden. Deshalb ordnete der
Erzbischof im Jahr 1787 die Umwandlung in
ein adeliges Damenstift mit einer
Äbtissin und acht Stiftsdamen an.
Aufnahmefähig waren ritterbürtige
Mädchen aus dem Bereich der
Reichsritterschaft Niederrhein (zu der
das damalige Erzbistum Trier gehörte),
die wenigstens 15 Jahre alt waren, die
aber zu jeder Zeit wieder austreten
konnten. Das Chorgebet begann morgens um
6 Uhr; um 9 Uhr wurde ein Hochamt mit
deutschen Liedern gehalten, dem am
Nachmittag die Vesper folgte. Den
Stiftsdamen standen im Jahr drei Monate
zum Besuch ihrer Angehörigen zur
Verfügung.
Dem Damenstift, das nach dem Erzbischof
Klemens Wenzeslaus den Namen
Klemensstift erhielt, war keine Zukunft
beschieden. Als die französischen
Revolutionstruppen im Sommer 1794 in das
Trierer Land eindrangen, begaben sich die
Stiftsdamen zu ihren Angehörigen. Das
war das Ende. In der französischen Zeit
wurde das Kloster mit seinen Gütern
eingezogen und dann zugunsten des Staats
versteigert.
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