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Reinhold
Schommers, 1995 |
Weinkauf
an der Mosel vor 450 Jahren |
Weinkauf an der Mosel
vor 450 Jahren
Hermann Weinsberg,
Kölner Ratsherr
und Weinhändler, beschrieb ihn
Eine der lebhaftesten
Schilderungen des rheinischen
Wirtschafts- und Soziallebens im 16.
Jahrhundert verdanken wir Hermann
Weinsberg (1518 1597), der als
Magister Artium, Advokat, Ratsherr,
Burggraf des Kölner Ratshauses und
Weinhändler nicht nur die Wirrnisse und
Erfolge seiner Zeit erlebt, sondern diese
auch maßgeblich mitgestaltet hat.
Seine Vorfahren Gottschalck und
Christian Weinsberg hatten sich durch
Weinzapf in ihrem Hause
Weinsberg am Bach, zwischen Maria im
Kapitol und St. Georg gelegen, durch
geschickte Heiraten und durch den Kauf
von Ämtern ein nicht unbeträchtliches
Vermögen erworben.
Haupteinkaufsgebiet des Weinsberger
Weins waren die Orte Bremm,
Neef und Bruttig. Dazu kaufte man in
Oberfell und Alken vorwiegend
Roten, den man gleich nach
der Ernte feuerte, um den
Säureabbau zu beschleunigen und eine
Restsüße zu halten.
Mit Hermann Weinsberg eigenen Worten
soll über den Weinkauf an der Mosel
berichtet werden: (verkürzt aus
Buch Weinsberg, München
1960) Am 20. Oktober 1545 schickte
mich mein Vater an die Mosel, um Wein
einzukaufen. Mein neuer Schwager (Peter
v. Ordenbach) zog mit mir hinauf, um das
Land kennen zu lernen und auch etwas zu
markten.
Schiffer Tönis vom Fahr brachte uns
das Geld hinauf. Wir zogen erst nach
Nieder- und Oberlahnstein und nach
Braubach, versuchten daselbst den Wein,
zogen dann nach Koblenz, die Mosel hinauf
nach Bremm zu Martin
Brol(er); mit dessen Hilfe kaufte ich
für meinen Vater 16 Stück (je 1200 l)
Weins und mein Schwager auch für sich
etwas, das Fuder (960 l) für 40 Gulden
Moselgeld. Sonst war der Markt um 45, 46,
47 Gulden herum, denn des teuren Kaufs
war man vom vorigen Jahr her gewohnt, und
dieses Jahr war ein mittelhitziger Sommer
gewesen, sodaß Korn und Wein wohl
geraten waren. Und diesen Wein lud uns
Schiffer Tonis von Lay ein, wir kamen den
3. November wieder in Köln an, und bald
kam auch der Wein nach.
Mein Vater legte den Wein zum Teil ins
Haus Steinberg auf der Bürgerstraße,
zum Teil in sein Haus Weinsberg auf der
Bach...
Mein Vater hatte für dieses Jahr
Rotwein aus Alken bestellt und in seinem
Hause zu Weinsberg im Sommer die Fässer
zurüsten lassen und sie hinaufgeschickt.
So bin ich im Herbst mit meinem Bruder
Christian dorthin gezogen, habe den
Rotwein feuern lassen und sowie er fertig
war, durch den Schiffer Bastian nach
Köln hinauf meinem Vater zugeschickt.
Dieweil es an der Mosel
für die kalten Weine (nicht gefeuerte
Weißweine) noch zu früh und die Lese
noch allenthalben im Gange war, wollt ich
nicht vergeblich nach Köln hinab- und
wieder hinaufziehen, und so bin ich mit
meinem Bruder nach Trier gezogen, damit
mir die Zeit nicht lang würde, habe die
Stadt besehen, und nachdem ich da einige
Tage gelegen, bin ich wieder die Mosel
hinabgezogen nach Enkirch und Bruttig,
und wie ich da nicht habe zu Pass kommen
können, bin ich zu meinem alten Wirte
Martin Broler nach Bremm
gezogen und habe da mit seiner Hilfe
ziemlich viel Wein gekauft und bezahlt.
Und über dem ist ein Bürger von
Ediger, Jakob Hermanns, zu mir nach Bremm
gekommen, sagte, er habe in Neef noch
viel unter den Leuten ausstehen und wolle
von jedem ein Stück nehmen, so es mir
gefalle mit dahin zu gehen, den Wein zu
versuchen und ihn zu kaufen, so wolle er
mir borgen und ihn mir überlassen. Ich
dankte ihm für seine Gunst, sagte, Ich
hätte all mein Geld schon ausgegeben,
könne schwerlich die Weine an mich
nehmen; er nötigte mich und bat, ich
solle sie nehmen.
Ich nahm mir Bedenkzeit bis zum
anderen Tag, da kam er wieder. Ich war
noch blöde; als er aber nicht abließ,
willigte ich drein, ging mit ihm nach
Neef, versuchte den Wein, er war besser
als der zu Bremm, ich
nahm das Beste aus jedem Keller, ließ es
wohl bereiten und blieb am Abend bei dem
zu Metzenhausen, Junker zu Neef und
Amtmann im (Zeller) Hamm, der mich zu
Gast geladen hatte. Es waren 16 Fuder
Weins, und ich gab dem Jakob Hermanns
eine Handschrift, gen Lichtmeß (2.2.) zu
bezahlen.
Ich ließ die Weine aus Bremm,
die ich in meines Vater Namen gezeichnet
und gekauft, und die Weine, die ich zu
Neef in meinem Namen gezeichnet und
gekauft, in zwei Schiffe laden, und wie
sie geladen waren, sprach Jakob Hermanns
zu mir, wenn mich der Kauf gereuen
sollte, wolle er an meine Stelle treten,
aber ich sagte: "Ich wills nun
Gott anvertrauen und wagen und fuhr
am St. Martins-Tag (11.11.) von Bremm
mit den Weinen ab.
Ich erzählte meinem Vater, wie es mit
den Weinen aus Neef gegangen war und daß
ich sie am Kranen zu verkaufen gedächte.
Damit war mein Vater wohl zufrieden...
Ich sprach Peter von Treis, den
Unterverkäufer an, gab ihm Befehl, sie
auszuschenken, nannte ihm den endlichen
Pfennig (Preis), darunter er verkaufen
mochte, aber nicht darüber. Mit
kaufmännischer Schläue gelingt es Vater
Christian, die vorzüglichen Neefer Weine
doch noch in seinen Keller zu bekommen.
Sein Sohn verdient an dem Geschäft etwa
50 Taler, obwohl die Frachtkosten für
die 16 Fuder bei 60 Taler liegen. Also
behielt mein Vater den Neefer Wein und
soll später mehr denn 100 Taler dran
verdient haben, wie ich hörte.
Am Montag nach Och, am 5. März, bin
ich mit unserem jungen Peter Ernst an die
Mosel gezogen und habe dem Jakob Hermanns
das Geld für die Weine gebracht. Auch
meine Hausfrau und ich hatten unser
bißchen Geld zusammengelegt; ich habe es
ebenfalls mit hinaufgenommen und kaufte
zu Bruttig bei Herrn Jakob Morer,
Pfarrherrn daselbst, 10 Stück Weins, das
Fuder zu 28 Gulden, bezahlte dieselben
und schickte sie nach Köln.
Als ich dem Herrn das Geld auszahlte,
sagte ich: Herr, wie habt Ihr mir
doch den Sack so leer gemacht,
darauf sagte er: Wie habt Ihr mir
doch den Keller so leer gemacht. In
Summa kostete mich dieser Wein mit
Fracht, Zehrung und Unkosten an
zweihundertfünfundvierzig Taler
ungefähr...
An Johannis-Abend habe ich den Anfang
gemacht mit dem Zapfen; es waren die
Moselweine, die ich zu Bruttig gekauft
hatte, und wir verzapften den Wein in
nicht länger als drei Wochen.
Neben dem Moselwein verkauft Weinsberg
auch süßen Wein von der Nahe und
schweren Wein aus dem Rheingau. Sein
Hauptgeschäft aber bleibt der Verkauf
von Moselwein, den er immer wieder über
die alten Geschäftspartner bezieht.
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