HISTORIA BREMVM - Die Geschichte(n) der Ortsgemeinde Bremm an der Mosel
Mosel-Eiszeiten
    von Toni Ostermann
Seltener Spaß für jung und alt: Eine Rutschpartie auf der zugefrorenen Mosel
1963, Quelle: Margret Schmitz, Bremm
Weitere historische Fotos finden Sie im
Alten Fotoalbum von Bremm an der Mosel
Berichten zufolge gab es im 13. und 14. Jahrhundert häufig milde Winter, aber im 17. und 18. Jahrhundert häufig bitter kalte Zeiten. So gab es 1783 / 84 eine sehr schlimme Winterkatastrophe mit ca. 1,5 m Schnee und zugefrorener Mosel, dann Tauwetter mit Eisgang und Hochwasser mit dem höchsten jemals gemessenen Hochwasser bis ins 1. Stockwerk mancher Häuser mit erheblichen Schäden auch an den Lehmwänden.

Im folgenden werden nur einige „Eiszeiten“ im 20. Jahrhundert mit besonderen Ereignissen erwähnt.

In den 1940 / 50er Jahren gab es am Moselufer häufig breite Eisrandstreifen und hier vor Bremm in der Moselkrümmung eine größere Eisfläche, mehrere Tage lang konnten wir nachmittags bis zum Dunkelwerden Schlittschuhlaufen.

Am 28.12.1962 war die Mosel komplett zugefroren und man konnte bis nach Stuben gehen. Ein Schäfer aus Beuren führte seine Schafherde über das Eis nach Stuben zu einem neuen Futterplatz.

Es war ein sehr langer Winter, Tauwetter und Eisgang setzten erst am 05.03.1963 ein. In der Mitte der zugefrorenen Mosel hatte man 1963 ein Loch ins Eis gestoßen, senkrecht eine Wagenachse eines Kuhwagens eingesetzt und über Nacht einfrieren lassen. Es wurde ein Speichenrad in die Achse eingeführt. Man befestigte daran ein langes Seil und am Ende einen Einmannschlitten.

Nur mutige junge Männer oder Frauen nahmen darauf Platz. Am Rad drehten starke Männer das Karrussell (Schleuder) an. Mit zunehmender Geschwindigkeit konnte sich die Person auf dem Schlitten letztendlich nicht mehr festhalten, fiel vom Schlitten und wurde über das Eis geschleudert, sehr zur Freude vieler Zuschauer. Doch einmal landete ein Schlittenfahrer mitten in der Zuschauermenge, einer fiel hin und musste mit einem Beinbruch nach Hause gebracht werden.

Am 23.01.1963 feierten Aloys und Rosi Bremm (Berg) Hochzeit und nachmittags konnte das Brautpaar mit den Hochzeitsgästen den üblichen Nachmittagsspaziergang aufs Eis machen (minus 19 Grad).

Der lange und kalte Winter machte besonders den älteren Leuten schwer zu schaffen, zumal die Häuser nur unzureichend beheizt waren. Es gab in diesem Jahr ca. 17 Todesfälle in Bremm im Winter zu beklagen. Der Boden war tief gefroren und zur Beerdigung musste der Boden aufgesprengt werden, damit ein Grab hergestellt werden konnte. Am 22.01.1963 war die Oma von Aloys Bremm verstorben, die Hochzeit Bremm / Berg fand trotzdem statt.

Setzte später Tauwetter ein, war der Eisgang wieder ein besonderes Ereignis, was viele Zuschauer an die Moselstraße lockte. Mit donnerndem Getöse schossen die dicken Eisplatten nahe an der Straßenkante vorbei, häufig standen alte Weihnachtsbäume darauf, die vorher dort entsorgt worden waren.

Nach dem abfließenden Hochwasser lagen bis März – April dicke Eisbrocken übereinander geschichtet am Moselufer, wir konnten in diese Eishöhlen hineinklettern, was allerdings nicht ganz ungefährlich war.

  Nach 1963 gab es seltener größere Eisflächen, da durch die Schiffe auf der Mosel das Randeis zerstört wird und eine Randeisbildung nicht mehr erfolgen kann.

Im Winter 1997 jedoch kam die Schifffahrt zum Erliegen. Oberhalb der Staustufen - im ruhigen Fahrwasser - hatte sich eine 40 - 50 cm dicke Eisschicht gebildet, Länge ca. 20 - 30 km.

Bei Tauwetter bestand die Gefahr, dass sich das Eis von Trier her moselabwärts bei einer Staustufe aufstauen würde, was zu einer Katastrophe geführt hätte. So versuchte das Wasser- und Schiffahrtsamt von Koblenz her nacheinander an den einzelnen Staustufen das Eis zu lockern und abfließen zu lassen.

So auch in Neef / St. Aldegund: Durch Heben und Senken der Stau-Sektoren das Eis zu bewegen und zu brechen, mit leichten Sprengungen aus einem Hubschrauber aufzureißen (stärkere Sprengungen könnten evtl. die Stauwehre durch die Druckwelle beschädigen).

Plötzlich setzte sich die riesige Eismasse in Bewegung und schoss mit lautem Donnern und Getöse wie ein starkes, lang andauerndes Gewitter über das Stauwehr.

Die nachdrückenden Eismassen aus Richtung Zell schossen in Alf über die Straßenkreuzung in die Ortschaft, das Wasser überflutete Straßen und Keller, die Eisplatten zerstörten Türen und tiefere Schaufenster, beschädigten Geräte und Einrichtungen. Dicke Eisbrocken lagen noch längere Zeit in der Ortsmitte.

Ein besonderes Winterereignis war auch das Schlittenfahren auf den abschüssigen Weinbergswegen, Wiesen oder auch Ortsstraßen. Hier wurde bei starken Nachtfrösten zuvor „Wasser geschüttet“ (mit Kanistern vom Kandelbach auf Schlitten herangezogen!) und teilweise kleine Bobbahnen geformt.

Mit großen selbstgebauten Schlitten, den „Lenkbaren“ konnten dann fünf bis sechs Personen abwärts sausen, mit Rumpeln und Schütteln über das Pflaster, manchmal bis zur Moselböschung. Gefährliche Straßenecken und Häuserkanten wurden mit Strohballen abgedämmt / entschärft. Trotzdem gab es leider manchmal Arm- oder Beinbrüche.

Es gab auch Einsitzer-„Schlietcha“ –etwa in Größe einer Stuhlsitzfläche mit zwei Kufen, vom Schreiner angefertigt und vom Schmied zwei Eisenschienen angebracht. Auch hiermit konnte man auf allen abschüssigen Eisbahnen fahren oder auf der zugefrorenen Mosel mit zwei Eisstöcken oder im Schlepp der Eltern oder anderer Personen.

Dieses Gaudi ging häufig bis in die späten Abendstunden bei Straßenbeleuchtung und Glühwein.

Ein Schäfer aus Beuren führte seine Schafherde über das Eis nach Stuben zu einem neuen Futterplatz.
26.02.56, Quelle: Hildegard Sturm, Bremm
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Alten Fotoalbum von Bremm an der Mosel
   
Bildquelle(n)
Rainer Pellenz   Das Alte Fotoalbum von Bremm
 
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Dieser Beitrag wurde verfasst von Toni Ostermann, Bremm   Korrekturdatum:
Eventuelle Korrekturhinweise bitte an toni.ostermann@bremm-mosel.de   27.06.2009 RP
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