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Egid Beitz, 1926 |
Caesarius von
Heisterbach und die Bildende
Kunst |
CAESARIUS VON HEISTERBACH
UND DIE BILDENDE KUNST
VON EGID BEITZ
MCMXXVI
DR. BENNO FILSER VERLAG
G.M.B.H. AUGSBURG
Seite 77
Von einem weiteren hochberühmten
Reliquiar erfahren wir an einer anderen
Stelle des Dialogus (V, 14). Die dort
erzählte Geschichte spielt im adeligen
Fräuleinstift Stuben bei Bremm an der
Mosel. Ein Mädchen verfiel in
Besessenheit. Da entnahm ein Priester ein
Säckchen mit Dornen von der Dornenkrone
Christi aus der goldenen Tafel (tabula
aurea), hielt es dem Mädchen über den
Kopf und heilte es hierdurch. Diese
tabula aurea ist heute noch vorhanden.
Sie entstammte dem frommen
Raube aus St. Sophien in
Konstantinopel von 1204 und der bereits
früher erwähnte Ritter Heinrich von
Ulmen hatte sie 1207 / 1208 von einem
Kreuzzuge mit an die Mosel gebracht. Er
schenkte sie damals dem Stift Stuben.
Hier war seine Schwester Irmgardis
magistra. In Stuben wurde die Reliquie
bis zum Ende des 18. Jahrhunderts
aufbewahrt und hochverehrt. 1794 wurde
das später in der Zucht etwas
verwahrloste Kloster aufgehoben; und
heute spiegeln sich nur noch die ragenden
Ruinen der im 17. Jahrhundert neu
errichteten großen, einschiffigen Kirche
in den Moselwellen. Die goldene Tafel
befindet sich jetzt im Domschatz von
Limburg an der Lahn. Sie ist auf
Veranlassung des Kaisers Konstantinos
VII. Porphyrogenitos, seines Sohnes
Romanos (948 - 959) und dessen Sohnes,
des Vorsitzenden des Senates, Basilios
(963 - 978), geschaffen worden. Eine
Inschrift auf der Tafel selbst gibt davon
Kunde. Sie gehört zu den bedeutendsten
Kunstwerken, die wir in Deutschland
besitzen. Ihr Inneres besteht aus einem
Holzkern, der außen mit vergoldetem
Silberblech beschlagen, mit dem feinsten
Zellenschmelz, mit Edelsteinen und
Goldfiligran besetzt ist. Nur weniges
fehlt an ihr oder ist in späterer Zeit
einmal ergänzt worden. Abgesehen von der
Kreuzpartikel, die durch ein Doppelkreuz
in der Mitte der sog. Staurothek gefaßt
wird, sind eine Reihe von Reliquien in
kleinen Behältnissen, die durch Türchen
verschließbar sind, um das Kreuz herum
untergebracht. In einem dieser
Behältnisse befand sich auch die
Dornenreliquie, von der bei Caesarius die
Rede ist. Heinrich von Ulmen hat von dem
reichen Reliquienschatz, den er damals
aus dem Orient mitbrachte, auch an St.
Matthias zu Trier abgegeben, wofür dort
in Anlehnung an die byzantinische
Staurothek zu Stuben ein anderes
Kreuzreliquiar geschaffen wurde. Ein
ähnliches wurde für Mettlach
gearbeitet, das wohl ebenso wie das
Trierer Reliquiar in Trier selbst
hergestellt wurde. Beide Reliquiare sind
heute noch an Ort und Stelle vorhanden.
Heinrich von Ulmen gab, wie aus Dialogus
IV, 30 hervorgeht, ferner auch eine
Partikel des Kreuzes von seinen
byzantinischen Erwerbungen dem Kloster
'Heisterbach, so daß sich dort zwei
Partikel befanden. Eine war früher aus
Apulien dorthin gekommen und von
schwarzer, und die von Heinrich
geschenkte von roter Farbe. Sie sind
jedenfalls auch in wertvollen Gefäßen
aufbewahrt worden, doch erfahren wir bei
Caesarius nichts darüber. Auch diese
Schenkung beweist wieder, daß Heinrich
von Ulmen enge Beziehungen zu Heisterbach
unterhielt, wo ja, wie bereits früher
gesagt wurde, seine Mutter begraben lag.
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