|
Dr. Jakob
Marx, 1862 |
Geschichte
des Erzstifts Trier der Stadt
Trier und des Trier. Landes, als
Churfürstenthum und als
Erzdiöcese |
Geschichte des Erzstifts
Trier
der Stadt Trier
und des Trier. Landes,
als Churfürstenthum
und als Erzdiöcese
Auszug aus dem Buch
von Dr. Jakob Marx, 1862
Das adelige Frauenkloster
Stuben an der Mosel -
Seiten 246 bis 255 (1)

Im Jahr Christi unseres Herrn
Geburt 1138, da der glorwürdige Papst
Innocentius der zweite, Conradus der
dritte als römischer Kaiser regierten
und Albero den erzbischöflichen Stuhl zu
Trier besaß, dreißig ein Jahr nach
Errichtung und Stiftung des adeligen
Convents zu Springiersbach, unter der
Regul der regulirten Chorherren sancti
Augustini, dessen erster Abt Richard, ein
Sohn Benignä, der ersteren Stifterin
dieses adeligen Closters, ist unter jetzt
gedachter Regul S. Augustini das adelige
Gotteshaus zu Stuben folgender Maßen
errichtet und gestiftet worden, unter
heiliger und frommer Absicht und
Anordnung Richardi des Abten zu
Springiersbach, eines wegen guten Wandels
und sonderbarer Weisheit gar
fürtrefflichen Mannes, welcher ohne
Zweifel eben der schon gemeldte erst Abt
zu Springersbach gewesen.
Der Orth Stuben war für diesem
eine Insel, die aber durch den schnellen
Lauf des Moselstromes allgemach das
Wasser verloren und nicht weit von dem
Dorfe Preimpt (Bremm) gelegen (2).
Der Herr oder Besitzer des Grundes war
Egelolphus, ein gar reicher und sehr
begutheter Mann. Dieser hatte eine
Tochter, deren Nahme Gisela, welche aus
sonderbarer Andacht getrieben, ihre
jungfräuliche Reinigkeit Gott gewidmet
hatte, dessentwegen der fromme Vatter
diese gute Meinung nicht weiter hindern
wollen, sondern auf eifriges Verlagen
seiner frommen Tochter ihr den Ort
völlig überlassen und zugeeignet,
gleichsam zu einer Uebungschul der
Frombkeit und jungfräulichen Keuschheit,
zu dem End er den schon gedachten frommen
Abt Richard zu einem Zucht- und
Lebensmeister ausersehen und erwählet,
unter dessen heiliger Unterweisung und
Lebensregulen diese Jungfrau möchte
unterrichtet werden und von ihrer zarten
Jugend an erlernen ihren Beruff recht zu
vollführen, sich um ihren himmlischen
Bräutigam wohl verdient zu machen und
ihm in Allem zu gefallen. Nachdeme nun
Egelolphus alle Nothwendigkeiten, auch
genugsames Geld und Güter zur Erbauung
eines Jungfrauenklosters freiwillig
hergegeben und dies Alles in kurzer Zeit
zu sehr bequemlichem Stand gerichtet und
angewendet worden, so hat man das
damalige Gebäu mit sehr großem Fleiß
des Abtes Richardi zum gewünschten End
gebracht gesehen, daneben zugleich eine
Kirche zu Ehren des h. Nicolai
aufgerichtet gestanden. Zu derselben
gleichen Zeit hat der Erzbischof Adalbero
aus erzbischöflicher Gewalt nicht allein
alles diese gut geheischen, sondern auch
die Fundation in vielen Stücken vermehrt
und dem adeligen Convent zu
Springiersbach die Sorge und Regierung
über dieses neu erbaute adeliges
Frauenkloster durch ein sonderliches
Patent oder ausgefertigten Gewaltsbrief
übertragen und dabei ausdrücklich
verordnet, daß die darin unter der Regul
des h. Augustinus versammlete und
verbundene Chorfräulein und
Laienschwestern die Zahl von hundert
niemalen überschreiten sollten.
In der Bestätigungsurkunde des
Erzbischofs Albero, die in einer alten
deutschen Uebersetzung bei Günther (Cod.
dipl. vol. I. p. 237 seqq.) abgedruckt
ist, heißt es:
Derowegen thun wir allen
gegenwärtigen und nachkomenen kundt und
zu wissen, das ein frommer Leyman
(christseliger gedächtnus) Egelolnus ein
Haus mit einer Capellen, Weingarten und
alles, was er an der Mosellen gehabt (zu
Heil seiner Seelen, auch seiner
Hausfrauwen und Dochter Gysele, welche
alle vergengliche Dingh verachtet und ihr
einen unsterblichen Bräutigam nemlich
Christum erwehlet) der Kirchen
Sprenekirsbach gegeben, derogestalt, das
an selbigem Ortt zur Ehrn Gottes ein
Closter uferbawet werden solle, in
welchem vorgemelte seine Dochter mit
anderen Junffrawen oder Wittiben zu
Verachtung aller weltlich Wollust
armselig, dem armen Christo nachvolgen
unter St. Augustini Regull und Regerung
eines Abts zu Spranekirsbach in Ewigkeit
dienen sollen.
Dem so gegründeten Kloster, dessen
erste Vorsteherin die genannte Gisela
geworden ist, müssen sehr bald
bedeutende Schenkungen zugeflossen sein
und ein zahlreicher Convent von
Jungfrauen in Aussicht gestanden haben,
daß Albero sich veranlaßt fand die
Anordnung zu treffen, daß die Zahl der
Jungfrauen hundert nicht übersteigen
dürfe. Nach bei Günther abgedruckten
Urkunden hat der Erzbischof Albero selbst
(1140) dem Kloster die Kirche zu Neef und
den Novalzehnten des Waldes Lare bei
Dünchenheim geschenkt, hat der
Erzbischof Johann I. (1190 1212)
die Kirche zu Dünchenheim gegeben,
Sibert, Ritter von Uelmen, den Smitthof
bei Alflen und eine halbe Ohm Weinzins zu
St. Aldegund (1295); dann hat Ritter Carl
von Monreal Güter zu Poltersdorf
geschenkt (1300), deren Nutznießung
seiner Schwester Mechtild als Dote beim
Eintritt in Stuben zugewiesen worden, und
die nach deren Tode an ihn als Erben
wieder zurückgefallen waren, jedoch so,
daß für ihn und seine nächsten
Angehörigen ein Anniversarium gehalten
werden sollte. Außerdem haben die Grafen
von Sponheim und Virneburg Güter dem
Kloster geschenkt; Töchter aus den
vornehmsten Adelsfamilien ließen sich zu
Stuben den Schleier geben und beschenkten
das Kloster beim Eintritt mit
angemessenen Doten.
Aus
dem Anfange des dreizehnten Jahrhunderts
führt Cäsarius von Heisterbach uns eine
Nonne zu Stuben vor, die sich durch eine
besondre Verehrung des h. Johannes des
Täufers und poetische Besingung seines
Lobes ausgezeichnet hat. Irmgard, die
damalige Meisterin zu Stuben, erzählte
dem Cäsarius, diese Nonne, Hildegund mit
Namen, habe sich nicht begnügt, an ihren
Lieblingsheiligen zu denken, ihn durch
Dienstleistungen und Gebete zu ehren,
ihren Mitschwestern dessen Vorzüge zu
preisen, sondern daß sie auch, um sein
Andenken zu verewigen, seine
Ankündigung, Geburt und die Freude
seiner Eltern in Gedichten besungen habe;
denn sie sei gelehrt gewesen und habe,
was sie von des h. Johannes Heiligkeit
gelesen, poetisch bearbeitet. Wenn
dieselbe sich mit weltlichen Personen
unterhielt, bat sie dieselben, ihre
Söhne Johannes oder Zacharias, die
Mädchen Elisabeth zu nennen (3).
Nicht wenig hat zur Celebrität dieses
Klosters beigetragen das überaus kostbare
Sanktuarium, welches 1208 Ritter
Heinrich von Uelmen demselben geschenkt
hat. Mitteler Zeit, sagt die
Geschichte des Klosters, da sich die
christliche Potentaten in Europa
vereiniget; einen Creutzzug gegen die
Türken ins gelobte Land zu thun,
das h. Grab ihnen wieder aus den Händen
zu reißen, und dieselbe mit einem
großen Kriegsheer zu Constantinopel
angelangt, von deme damaligen
griechischen Kaiser und Tyrannen Alerius,
der seinem Bruder die Augen hatte
ausstechen lassen und sich auf den Thron,
mit Verstoßung des rechtmäßigen
Kaisers, seines Bruders und dessen Erben,
getrungen hatte, auf alle Weise in ihrem
heiligen fürnehmen behindert worden,
haben sie vor gut angesehen, den Tyrannen
von dem Throne zu jagen und deshalb die
Stadt Constantinopel zu belagern, welches
auch einen so glücklichen Erfolg gehabt,
daß sie die Stadt Constantinopel anno
1204 stürmender Hand eingenommen und
alles darin geplündert, unter anderen
ware die so weit berühmte sanct Sophiae
Kirch, worin ein unglaublicher kostbarer
Schatz von Heiligthümberen fürhanden,
diese wurde aus heiligem Eifer ganz
ausgeplündert, und seind durch diese
Gelegenheit alle in gemeldter Kirchen
vorhanden gewesenen Heiligthümber
nachgehends theils in Italien, theils in
Deutschland, Frankreich und andern
Theilen des christlichen Europä mit
großem Triumph und Frohlocken hinein
gebracht worden. In dem christlichen
europäischen Kriegsheer waren viele
edele Ritter aus dem Trierischen
Erzstifft, die hernach diesen heiligen
Raub aus der sanct Sophienkirchen zu
Constantinopel mit sich nacher Haus
gebracht und damit die erzstifftlichen
Trierischen Kirchen und Gotteshäuser
reichlich beschenket, wie dan Henricus
von Ulmen ein edler Ritter aus dem
Trierischen Erzstifft das an der Stadt
Trier gelegene Closter ad Sanctum
Matthiam mit einem schönen Theil des h.
Creutzes auf das Schönste eingefasset,
desgleichen das Closter Laach mit eben
einem solchen hochheiligen Theil
beschenket, auch ein schönes Heiligthumb
in das Collegiatstift zu
(Münster-)Meinfeld verehret, so ist auch
umb selbe Zeit von diesem geistlichen
Raub des hochheiligen Creutzes nacher
Mastricht in die Kirche des
jungfräulichen Closters ad beatam
Virginem sammt dem großen
wunderthätigen Heiligthumb des Martyrers
Demetrii kommen, so noch heut zu Tag
allda zu sehen und zu verehren, unter
allen anderen aber hat dieser fromme und
fürtreffliche Held Henricus von Uelmen
von den eroberten geistlichen
Heiligthümbern der Kirchen auf der Insel
sancti Nicolai (zu Stuben) ein
ohnschätzbares Kleinod und einen gantz
ohnvergleichlichen Schatz zugebracht und
dasiges jungfräuliches Gotteshaus,
welches man jetzt das adeliche Convent zu
Stuben nennet; zu dessen ohnglaublicher
Freude bereichert.
Sodann folgt die Beschreibung dieses
merkwürdigen Sanktuariums, wie solche
gegeben worden durch den Jesuiten
Christoph Brower (4) mit den
griechischen Inschriften, die derselbe
Jesuit mit Hilfe des gelehrten
Herausgebers der Werke des h.
Chrystostomus Fronto-Duc mit vieler Mühe
entziffert hat. Brower sagt aber:
Das Sanktuarium besteht aber in
einer Tafel, die mit großem Fleiß in
wunderbarer Mannigfaltigkeit von
Verzierungen ausgearbeitet ist, hat einen
Deckel, belegt mit dünnen silbernen
Blättchen und vergoldeten
Metallscheibchen, ist hoch anderthalb
Fuß und breit einen Fuß und drei Zoll,
glänzet allenthalben von den ersten und
kostbarsten Edelsteinen, die bald zu
sieben einen Ring, bald zu neun einen
römischen Fünfer (5) bilden.
In den Zwischenräumen dieser von den
werthvollsten Edelsteinen gebildeten
Figuren befinden sich die Bildnisse
Christi des Erlösers, heiliger Engel und
verschiedener Heiligen; auf den äußern
Randseiten der Tafel selbst sind
griechische Inschriften in jambischem
Versmaße zu lesen, die wunderlich in
einander verschlungen sind und die
wie schon gesagt Brower und
Fronto-Duc in gehörige Verbindung
gebracht und ins Lateinische
übertragen haben. Diese
griechischen Jamben an den äußern
Seiten der Tafel lauten aber in deutscher
Sprache: Keine Schönheit hatte,
der am Holze gehangen; denn, obgleich er
Gott war, litt er wie Menschenkinder. Ihn
besonders ehrend hat Proelpos Basilius
künstlich fertigen lassen diese Tafel
des Kreuzesholzes, an welchem
ausgestreckt Er alles Geschaffene an sich
gezogen hat. Doch Christus war gar schön
von Angesicht; nur sterbend hatt er
Schöne nicht, hat aber dafür mein einst
durch Sünde entstelltes Angesicht um so
schöner geschmückt (6).
So die Inschrift an dem äußern
Rande. Oeffnet man aber die kleinen
Thürlein in dem Deckel, dann zeigt sich
inwendig in wunderbarem Glanze ein Stück
des h. Kreuzes, eingefaßt mit Scheibchen
von purem Golde, mit Perlen, eichelformig
hervorragend, und Edelsteinen vom
höchsten Werthe. Dieses Stück vom h.
Kreuzesholze ist selbst in Form eines
Kreuzes getheilt, hat in der geraden
Linie etwas über 16 Zoll, in dem
Querbälkchen 8 ½ Zoll, in der Dicke
nahe zwei Zoll. Die Köpfe der Bälkchen,
aus denen das Kreuz gebildet ist, sind
mit den kostbarsten Edelsteinen besetzt,
die Rückwand des Kreuzes aber ist vom
feinsten Golde in erhabener Arbeit.
Dieselbe hat ebenfalls von oben bis unten
eine griechische Inschrift in jambischen
Versen, die wir hier in deutscher Sprache
geben.
Gott, am Kreuzesholz erhöht,
streckt seine Arme aus, uns durch
daßelbe die Kraft des Lebens bringend.
Constantinus und Romanus, die Beide damal
das Zepter des Reiches führten, haben
dieses Wunderwerk in Edelstein und Gold
fassen lassen. Ehmal hat dies Kreuz, der
Unterwelt Thore aufschließend, die
Verstorbenen erlöst; jetzt bändigen die
Fürsten, geschmückt mit ihm als
Trophäe, die Uebermuth der
Barbaren.
Doch dieses ist noch nicht der ganze
Reichthum jenes Sanktuariums. An der
Tafel, auf welcher das Kreuz befestigt
ist, hangen rechts und links von den
Seiten des Kreuzes silberne Kapseln, hier
fünf und dort fünf, ablösbar; eine
jede hat als Deckel ein künstlich
gearbeitetes Blättchen, in welches mit
griechischen Buchstaben die Namen der hh.
Reliquien eingegraben sind, wie auch
Namen und Bildnisse von heiligen Engeln.
Nahe am Kreuze rückwärts befinden sich
die vornehmsten Patrone der griechischen
Kirche, geschmückt mit kostbaren
Gewändern. In den fünf Kapseln links
des Kreuzes befanden sich Reliquien von
der Wiege Christi, von der Dornenkrone,
von dem Schweißtuche Christi, von dem
Schweißtuche der seligsten Jungfrau und
von ihrem Gürtel; auf der rechten Seite
aber in den fünf Kapseln von der
Leinwand, in die Christus gehüllt
gewesen, von dem Purpurmantel, von dem
Schwamme bei der Kreuzigung, von dem
Gürtel der Gottesgebärerin, Haare des
h. Johannes des Täufers.
So weit die Beschreibung dieses
kostbaren Sanktuariums bei Brower. Die
Urkunde, welche der Ritter Heinrich über
die Schenkung an das Kloster Stuben
ausgestellt hat, ist von dem Vorabende
des Laurentiusfestes des Jahres 1208 und
findet sich abgedruckt bei Günther.
Heinrich beginnt dieselbe mit den Worten:
Zu seinem Glücke besitzt irdische
Schätze, wer vermittels derselben ewige
zu gewinnen trachtet; er nennt aber
das Sanktuarium einen Schatz, der
weit über alle irdischen Besitzungen
hinaus seinem Herzen immer der
allerliebste -; er schenkt den
Schatz aber zum Heile seiner Seele
und der Seele seiner Gattin
Irmgardis -; und er schenkt ihn mit
der Bedingung, daß derselbe von dem
Kloster nie veräußert oder auch nur
verpfändet werden solle (7).
Aus dem Jahre 1222 erzählt die
Geschichte jenes Klosters folgende
wunderbare Begebenheit, die sich mit
einer der in jener Tafel enthaltenen
Reliquien zugetragen hat.
Es war in selbigem Convent (zu
Stuben) ein Mägdlein besessen, welches
der höchste Feind auf die grausamste Art
gleichsam zerrissen, es hat aber ein
gewisser ehrbarer Priester das
Behältniß, worin Dörner von der Krone
Christi bewahrt, heimlich aus der Tafel
genommen, und ohne daß es das Mägdlein
wissen können, ihr auf das Haupt
gesetzet, als der böse Feind dies so
kostbare Pfand gespüret, hat er ganz
entsetzlich angefangen zu heulen und zu
wüthen, und da ihn die Umstehenden
befragt, warum er dieses thäte, hat er
gleich geantwortet, dasjenige, was auf
dem Haupt des Allerhöchsten gewesen,
dies quälet und peiniget mein Haupt, und
ihr wollet noch wissen, warum ich so
heule. Also haben die daselbst Gott
gewidmeten Jungfrauen einen doppelten
Nutzen gehabt aus dieser Antwort des
höllischen Feindes, indem sie erstlich
die Kraft und Wirkung der hh. Dörner
Christi, so der böse Feind nicht lange
mehr in der Person geblieben, sondern
bald durch Berührung dieses großen
Heiligthums und eifriges Gebet dieser
regulirten Chorfräulein hat völlig
abweichen müssen.
Diese heiligen Reliquien haben sehr
bald zahlreiche Wallfahrer von nahe und
ferne angezogen, die niemals unterlassen
haben, der Klosterkirche ihre Opfergaben
zu bringen. Töchter aus den vornehmsten
Häusern des Trierischen Adels haben sich
dort den Schleier geben lassen; diese
Familien beschenkten das Kloster, mehre
Erzbischöfe, Johann I., Hillin, Arnold
und Balduin schenkten Güter,
Kirchenschmuck, Gerechtsame; Balduin
pflegt auf seinen Moselreisen nach
Coblenz dort einzukehren; Kaiser
Maximilian I. hat dort anderthalb Tag
verweilt, um dem h. Nicolaus seine
Verehrung darzubringen. Die Besitzungen
und Gerechtsamen des Klosters waren
größtenteils in der Nähe an der Mosel
gelegen, zu Aldegund, Bremm, Clotten,
Colligs, Cochem, Dünchenheim, Ediger,
Eller, Ober- und Niederernst, Gappenach,
Girsenach, Kerig, Klidding, Urschmitt,
Neef, Poltersdorf, Senheim, Schmitt.
Gemäß der Aufstellung des
Vermögensstandes bei der Visitation im
Jahre 1784 betrugen die jährlichen
Einkünfte an Geld 174 Thlr.,
zwischen 40 und 50 Fuder Wein, zwischen
310 und 320 Malter Früchte nebst
Brandholz, jede 30 Jahre für 500 Thlr.,
70 bis 80 Wagen Heu, im Ganzen in
Geld gerechnet 4.000 Thlr..
Schulden waren nur c. 2.800 Thlr.
vorhanden.
Die Reihenfolge der Meisterinnen zu
Stuben ist mangelhaft aufgezeichnet, aus
der ältesten Zeit des Klosters ganz
unbekannt. Nebst der ersten Meisterin
Gisela, Tochter des Stifters, und der
Irmgard, die gelegentlich aus dem Anfange
des dreizehnten Jahrhunderts bei
Cäsarius von Heisterbach genannt ist,
kennen wir keine bis auf Sophia von
Nickenig, die 1506 gestorben ist. Ihr
folgten Catharina von Neuerburg (
1523), Johanna, Anna und Maria von
Nickenig, Franziska von Metzenhausen,
Maria von Zandt, Margaretha von
Metternich, Margaretha Kratz von
Scharfenstein ( 1654), Odilia Anna
von Ahr, eine ausgezeichnete Meisterin,
welche Kirche (von der jetzt die Ruinen
noch zu sehen sind) und Kloster 1685 neu
gebaut hat, und 1698 im 87. Jahre ihres
Alters, dem 70. ihrer Profeß und dem 44.
ihres Regimentes gestorben ist; Anne
Elisabeth von Elter ( 1725), Anna
Margaretha von Wolfskeel ( 1727),
Anna Odil. Clara Beissel von Gymnich, die
13 Jahre dem Kloster in geistlichen und
weltlichen Dingen gut vorgestanden hat
( 1739), Maria Carolina von
Eltz-Rodendorf ( 1755), Maria
Ferdinandina Freyin von Maffei de la
Serra.
Aus
dem innern Leben im Kloster ist uns wenig
in Schriften aufbewahrt; in den achtziger
Jahren des verflossenen Jahrhunderts war
Ordnung und religiöses Leben
entschwunden. Nach den
Visitationsberichten über alle Klöster
des Erzstiftes in den achtziger Jahren
war in den Frauenklöstern die Disciplin
noch wohl erhalten mit Ausnahme von
Machern (unterhalb Zeltingen an der
Mosel) und Stuben; zu Stuben aber stand
es am schlimmsten. Schon vor der
allgemeinen Visitation, die 1794
begonnen, hat der Churfürst
Clemens Wenceslaus durch das
Generalvicariat dem Abte von
Springiersbach als dem Ordensobern von
Stuben die Weisung gegeben, die beim
Eingange befindlichen Gänge auf das
Dormitorium binnen vier Wochen unfehlbar
schließen zu lassen, wie auch daß weder
Fremden noch Verwandten der Nonnen
jemalen zu gestatten sei, auf das
Dormitorium zu gehen, unter schärfster
Ahndung des Dawiderhandeln. Auch habe der
Abt ferner die öftern Spaziergänge der
Fräulein zu ihren Anverwandten nicht
nachzusehen, sondern sie auf §. 6 der
Verordnungen (8) zu
verweisen. Als aber 1784 eine allgemeine
Visitation aller Klöster durch
Commissarien des Churfürsten abgehalten
wurde, befand sich das innere Leben zu
Stuben in einem solchen Verfall, daß man
ernstlich daran dachte, das Kloster in
ein Damenstift umzuwandeln oder zu
säcularisiren, Kloster und Einkünfte zu
einem domus emeritorum zu verwenden.
Meisterin war damal noch die oben
angegebene Ferdin. von Maffei; der
Convent bestand aus der Priorin Maria
Anna von Berg zu Dörfenthal und den
Fräulein Franzisca und Antonetta von
Breiten-Landenberg, Reg. Mechtild von
Zandt zu Merl, Frieder. Juliana Göler
von Ravensberg, Maria
Theresia von Sohlern zu Lorch, Maria
Cathar. von Tünzlern von Leoberg,
Eleonora von Boineburg zu Lengsfeld und
Augusta von Coeweldt. Die Meisterin aber
war völlig außer Stande, sich und andre
zu beherrschen, durch ihren launenhaften
Charakter ganz untauglich, ein Kloster zu
regieren; die Fräulein, die ihr
schmeichelten, durften thun, was sie
wollten, die sich daher auch Alles
erlaubten; den andern dagegen versagte
sie Alles, auch das Billigste, schalt und
schimpfte sie in roher Weise und ließ
ihnen, wenn sie krank waren, nicht
Krankenkost reichen. Dadurch wurden jene
verwöhnt, übermüthig, ausgelassen,
diese aber erbittert, nicht allein gegen
die Meisterin, sondern auch gegen die so
willkürlich und launenhaft bevorzugten
Mitschwestern. Die gegenseitige
Erbitterung machte sich in harten
Vorwürfen und Schmähungen Luft, so oft
die Schwestern zusammentrafen, so daß,
nach deren eigenen Geständnissen, das
Zusammenleben für sie eine schreckliche
Qual war, Einzelne daran zu verzweifeln
anfingen, daß sie dort ihr Seelenheil
retten könnten. Bei dieser allgemeinen
Erbitterung der Gemüther, in welche alle
Schwestern hereingezogen worden waren,
befand sich keine im Kloster, die etwa,
an die Stelle der Meisterin gesetzt, im
Stande gewesen wäre, Zucht, Ordnung und
Frieden wieder herzustellen. Dadurch war
Stuben zu verrufen, als daß auch aus
einem andern Kloster eine Nonne sich als
Meisterin dorthin hätte setzen lassen.
Der Visitator machte daher den Vorschlag,
das Kloster in ein freies
Stift umzuwandeln. Allein man
hätte dagegen erwidern können, was der
Umwandlung eines Benediktinerklosters, in
welchem die Disciplin in Verfall geraten
war, in ein Stift, entgegengehalten
wurde: ein verkommener Mönch wird kein
guter Canonicus. Das Officialat zu Trier
dagegen gab das Gutachten ab, besser sei,
das Kloster zu säcularisiren und die
Einkünfte zu verwenden zu einem domus e-
und demeritorum clericorum, deren eines
zu errichten längst der Wunsch des
Churfürsten gewesen sei. Die
betreffenden Verhandlungen zogen sich
durch mehre Jahre, während deß der
Churfürst immer noch das Kloster
erhalten zu können hoffte. Unter dem 18.
Juni 1787 schreibt der Churfürst, er
habe bisher von seiner Sorgfalt zur
Beilegung der langwierigen
Feindseligkeiten und Wiederherstellung
der Eintracht sowohl als zum Aufkommen
des verfallenen Oekonomiewesens in dem
adeligen Gotteshause Stuben keine
entsprechende Früchte ersehen können.
Geistlicher Rath von Pidoll erhält daher
den Auftrag, nochmal den Vermögensstand
des Klosters genau zu untersuchen und zu
begutachten, wieviel einer Klosterfrau
für Kost und Unterhalt jährlich
verabfolgt und die Verwaltung der Güter
künftig eingerichtet werden könne,
endlich sämmtlichen Fräulein die
Auswahl eines Klosters frei zu stellen,
worin sie durch bessere Beispiele der
Tugend aufgemuntert ihrem Berufe in
stiller Ruhe und Zufriedenheit pünktlich
nachkommen möchten. Endlich aber wurde
Stuben 1788 zu einem Stifte umgewandelt
und unter die Verwaltung eines
Commissarius, des geistlichen Raths
Arnoldi, gestellt.
Bei dem Einrücken der Franzosen in
das Trierische Land sind die Fräulein
wie fast alle Mitglieder geistlicher
Genossenschaften geflüchtet; bei der
Umwandlung von Stuben in ein Stift war
jeder eine jährliche Pension von 450
Flor. ausgesetzt worden; seit 1797 aber
konnten die Pensionen nicht ausgezahlt
werden, da die französische Regierung
angeordnet hatte, daß die auf dem
rechten Rheinufer befindlichen
Ordensleute keinen Antheil an den
links-rheinischen Revenüen haben sollten
und Stuben auf der rechten Rheinseite
keine Besitzungen hatte. Fräulein von
Boineburg, in Fuld seßhaft, wandte sich
für mehre Mitschwestern an den
Churfürsten um die Erlaubniß, das von
Stuben nach Hanau geflüchtete Silber
verkaufen zu dürfen, um nicht Noth
leiden zu müssen. Später gingen auch
klägliche Schreiben ein von Fräulein
von Wewelt aus Wien, Fräulein von Berg
(im Thal Ehrenbreitstein).
Bei der Umwandlung dieses Klosters in
ein freies Stift ist das oben
beschriebene kostbare Sanktuarium in den
Schatz der Trierischen Kirche gekommen,
ist beim Einrücken der Franzosen auf die
rechte Rheinseite geflüchtet worden; den
geflüchteten Schatz hat danach der
Herzog von Nassau an sich gezogen,
denselben aber bei Errichtung des Bistums
Limburg 1827 der dortigen Domkirche
geschenkt.
(1) |
Eine Geschichte
der Gründung dieses Klosters,
geschöpft aus Browers und Masens
Annalen, der Metropolis von Trier
und Klosterbüchern von Stuben,
ist 1773 auf Verlangen dem
damaligen Propste zu Marienberg
bei Boppard vom Kloster selbst
eingeschickt und in das
Confluvium histor. mont. B. M. V.
Continuat. Tom. II. p. 817 - 842
aufgenommen worden. Diese
Geschichte und Aktenstücke aus
den achtziger und neunziger
Jahren im Provinzialarchive zu
Coblenz und im Domarchive zu
Trier sind die Quellen, aus denen
unsre Bearbeitung geschöpft
wurde. Zugleich wurde benützt,
was sich in Günthers Codex
diplom., in Kleins Moselthal und
bei Cäsarius von Heisterbach
über das Kloster vorfindet. |
(2) |
Bei Cäsarius
von Heisterbach und in andern
ältern Schriften kommt daher
auch Stuben regelmäßig unter
der Benennung insula s. Nicolai -
Patron des Klosters - vor und der
Convent der Jungfrauen unter dem
Namen sorores de insula s.
Nicolai in Stupa (Stuppa) |
(3) |
Caesar. Heist.
Dial. miracul. libr. VIII. cal.
50. |
(4) |
Anuales Trevir.
Libr. XV. n. 54 - 57. |
(5) |
In
dieser Form: U |
(6) |
Die griechischen
Jamben (in großen und kleinen
Buchstaben) und die lateinischen
Verse, in welche die genannten
Jesuiten die Inschrift übersetzt
haben, befinden sich bei Brower
a. a. D. (Tom. II. p. 101.). |
(7) |
Siehe Günther,
Cod. dipl. Vol. II. p. 90 et 91.
Dieses Sanktuarium
(Reliquienkästchen) befindet
sich jetzt, wie viele der
ehmaligen Kostbarkeiten der
Trierischen Kirche, in dem Dome
zu Limburg a . d. L. und hat von
Herrn Domvicar Ibach daselbst
eine recht lehrreiche
archäologische Beschreibung
erhalten, die in dem II. Hefte
der "Mittheilungen des
historisch-archäolog. Vereins
der Diöcese Trier"
abgedruckt ist. |
(8) |
Es ist damit
gemeint §. 6 der Verord. vom
Jahr 1779, wonach nur aus sehr
erheblichen Ursachen ein solcher
Besuch bei Verwandten zu
gestatten, wo diese Ursachen dem
Generalvicariat zu Trier oder dem
Official zu Coblenz vorzulegen
sind, und es von dem Ermessen
dieser Behörden abhängen soll,
ob das Gesuch zu gewähren oder
nicht. Blattau, Statuta vol. V.
p. 254. |
|