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Alfons
Friderichs, 1974 |
Das
byzantinische Siegeskreuz im
ehemaligen Kloster Stuben |
Das byzantinische
Siegeskreuz
im ehemaligen Kloster Stuben
Von Alfons Friderichs
Das vierte Heer der
Kreuzfahrer (1202 bis 1214), das nach
Palästina gehen sollte, wurde zunächst
zur Eroberung von Konstantinopel, der
Hauptstadt der Restgebiete des
christlichen, oströmischen Reiches,
eingesetzt.
Bei der Eroberung von Konstantinopel
im Jahre 1204 kam es zu einer äußerst
beklagenswerten Plünderung auch der
Kirchen in der Stadt. Die Kreuzfahrer
stürzten sich auf die kostbaren
Reliquien.
Einen nicht geringen Teil
byzantinischer Heiligtümer bekamen die
Rheinlande durch Heinrich von Ulmen, der
an diesem Kreuzzug teilnahm. Auf einer
Hochebene der Eifel, am dunklen steilen
Schieferrand eines in einem ausgebrannten
Vulkan gebetteten Sees, dem Hochmaar von
Ulmen, lag die Burg des Ritters. Die
Herren von Ulmen, die später als
Edelfreie galten, gehörten im 12.
Jahrhundert zu den Reichsdienstmannen.
Nicht allein Heinrich war von frommen
Regungen erfüllt, sondern auch die
Frauen seines Geschlechts nahmen
vorzugsweise den Schleier, um in dem von
ihnen begünstigten, nicht weit entfernt
auf einer Moselinsel gelegenen, adeligen
Augustiner - Nonnenkloster des Hl.
Nikolaus zu Stuben ein beschauliches
Leben zu führen.
Reich beladen mit erbeuteten
Heiligtümern kehrte Ritter Heinrich in
die Heimat zurück, aber noch im letzten
Augenblick seiner Rückfahrt geriet er
bei St. Goar in Gefangenschaft des
Reichsministerialen Werner von Bollanden.
Da so erzählt Cäsarius von
Heisterbach träumte eine Nonne
des Klosters Stuben, er würde befreit
werden, wenn er den in seiner Beute
befindlichen Zahn des Hl. Johannes des
Täufers der Abtei Heisterbach zum
Geschenk darbringe. Er trennte sich von
seinem liebsten Kleinod und wurde frei.
Nicht minder bedacht wurden auch andere
rheinische Gotteshäuser mit Reliquien.
Erhalten von des Eifelritters Gaben sind
nur noch zwei. Eine nach seinen Angaben
in Deutschland gefertigte, ebenfalls mit
großen Kreuzpartikeln und anderen
Reliquien, mit Edelsteinen, Email und
reicher Metallarbeit geschmückte
Reliquientafel, welche er dem Hl.
Eucharius in Trier gemäß ihrer
Inschrift weihte. Und endlich die Krone
seines Besitzers; das aus dem heiligen
Kreuzesholz gefertigte, in goldener Lade
liegende Siegeskreuz der byzantinischen
Kaiser, Constantinus VII., Porphyrogenius
und Romanus II. (948 959), das
Heinrich von Ulmen in feierlicher Urkunde
1208 dem mit seinem Geschlechte
verbundenen Kloster Stuben übergab, wo
seine Schwester Irmingard als Meisterin
den Konvent leitete.
Die Schenkungsurkunde ist in
lateinischer Sprache abgefasst und
lautet: Zu seinem Glücke besitzt
irdische Schätze, wer vermittels
derselben ewige zu gewinnen trachtet.
Durch die Betrachtung dieses Glückes
bewogen und durch göttliche Einsprechung
ermahnt, habe ich, Heinrich von Ulmen,
den Schatz, der weit über alle
Besitzungen hinaus meinem Herzen das
allerliebste ist, nämlich das Heiligtum
des Heiligen Kreuzes und mehrere
Reliquien mit allem Dazugehörigem, aus
freiem Willen und mit gemeinsamer Hand
meiner Erben der Kirche des Hl. Nikolaus
in Stuben zum Heile meiner Seele und der
Seele meiner Ehefrau Irmgardis geschenkt
mit der Bedingung, daß daßelbe von der
Kirche nie veräußert oder auch
verpfändet wird. Ich habe auch
festgestellt, daß von meinem Allod bei
St. Aldegund eine halbe Karrata (480
Liter) Wein den Schwestern der oben
genannten Kirche jährlich zu Labung an
meinem, meiner Ehefrau, meines Vaters und
meiner Mutter Jahrestag gespendet wird,
sofern sie es nicht unterlassen, es mit
gebührender Andacht und Gebet zu
halten.
Der übrige Text fehlt. Selbst in dem
mit Siegeln versehenen, unverletzten
Original im Staatsarchiv in Koblenz. Das
Jahr der Urkunde ist auf der Rückseite
der Beschreibung des Kreuzpartikel und
lautet: Im Jahre des Herrn, 1208,
an der vigil des Hl. Laurentius, hat
Heinrich von Ulmen die Reliquien des Hl.
Kreuzes, dem Kloster des Hl. Niklaus auf
der Insel verliehen. Aber auch dort
sollte das, wie die übrigen Heiligtümer
angeblich aus der Sofienkirche
stammende Kunstwerk, keine dauernde
Stätte finden. Im Jahre 1788 hob Kurfürst
Clemens Wenzeslaus wegen inneren
Haders und Mangel an Zucht das Kloster
Stuben auf, und wies dem
Sanctuarium crucis seinen
fernern Verbleib in der Domkirche zu
Trier an. Nur kurze Zeit war es daselbst.
Beim Herannahen der Franzosen wurden die
Domschätze nämlich auf 24 Wagen zu
Schiffe gebracht und nach der trierischen
Veste Ehrenbreitstein in vermeintliche
Sicherheit geführt. Die widersinnige
Ausdehnung der Bestimmung des Artikel 37
des Reichs-Deputations-Haupt-Schlusses
von 1804, wonach die auf der einen
Rheinseite gelegte Güter und Einkünfte,
welche bisher öffentlichen Anstalten,
Kirchen und Gemeinden der anderen
Rheinseite gehörte, von letzteren zu
trennen und der Disposition der
betreffenden Regierungen zu überweisen
seien auch auf Mobilien, machte
der inzwischen zur Herrschaft des
rechtrheinischen Gebietes des
Kurfürstentums Trier gekommenen Herzog
von Nassau zum Besitzer der Trier
Domschätze. Aus der Schatzkammer zu
Wiesbaden wanderte unser Denkmal als
herzogliches Geschenk in die Domkirche
des 1827 für das Herzogtum Nassau
gegründeten Bistums Limburg an der Lahn,
woselbst es sich noch befindet.
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Das
byzantinische Reliquiar, in
prächtiger Goldfassung aus dem
11. Jahrhundert hat den Zweck,
ein aus dem Kreuzesholz Christi
gefertigtes, mit Edelsteinen
umkleidetes kaiserliches
Vortragekreuz würdig
aufzubewahren, von dem im
Mittelalter wohl die meisten
Kreuzpartikel abgetrennt worden
sind. Daher seine heutige Form.
Das Siegeskreuz liegt in einer
kofferförmigen Lade, die mit
einem Deckel versehen ist. Die
Lade ist 47 cm lang und 42 cm
breit. Innerhalb der Lade
befindet sind eine Inschrift die
besagt:
Ehemals hat diese Kreuz
die Tore der Unterwelt geöffnet,
jetzt bändigen die Fürsten mit
ihm geschmückt die
Barbaren.
Wenn man das Kreuz
herausnimmt, liest man auf der
Rückseite eine griechische
Inschrift. Als Urheber des
Kreuzesschmuckes nennen uns die
Verse die Kaiser Constantin und
Romanus, beide in
gleichgestellter Würde mit dem
üblichen kaiserlichen Titel
Despont bezeichnet, sie werden
als diejenigen verkündet, welche
das Kreuz mit durchsichtigen
Perlen und Edelsteinen
schmückten. Es war die
glänzendste Periode der damals
in Byzanz üblichen Schmuckart,
der auf Goldgrund in bunten
Emaillefarben hergestellten
Bilder. Es befinden sich in
denselben Goldplättchen
verschiedenen Alters, aus deren
Inschrift sich schließen lässt,
daß es längere Zeit im Kloster
Maria-Laach aufbewahrt wurde, und
daß der jeweilige Abt zum
Andenken an seine Regierungszeit
ein Plättchen einfügen ließ.
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Bild
oben:
Die Staurothek geöffnet
... |
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Bild
oben:
... und geschlossen. |
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Die Verehrung der Kreuzpartikel durch
die Bevölkerung machte es mit der Zeit
notwendig, daß für ihre würdige
Aufbewahrung und rechte Verehrung neben
der Klosterkirche Stuben, aber im
Anschluß an sie, eine eigene Kapelle
gebaut wurde. Die Geistlichkeit des
Archidiakonats Karden wurde aufgefordert,
Beiträge für den Bau der Kapelle
beizusteuern. Das war im Jahre 1275. Die
Aufforderung fand Gehör. In den
folgenden Jahren wurde eine größere
Anzahl von Stiftungen für den Bau und
Unterhalt der Kapelle gemacht.
In der Folgezeit weiß der Chronist zu
berichten, daß zahlreiche Wallfahrten
das Heiligtum in der Kreuzkapelle in
Stuben besuchten. Auch über wunderbare
Heilungen wurde berichtet.
Es war ein langer Weg, den das
Siegeskreuz von Konstantinopel über
Stuben, Ehrenbreitstein, Maria-Laach und
Trier bis nach Limburg machen musste.
Einst ein Gegenstand frommer Verehrung,
ist es heute im Domschatz verschlossen,
wo es noch besichtigt werden kann, aber
der Verehrung des Volkes ist es entzogen.
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