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Nonnen von
der Marienburg im Kloster Stuben |
Nonnen von der Marienburg
im Kloster Stuben
Und zum drittenmal hört es sich wie
ein Stück aus einer Sage an, die
Geschichte, wie Richard
von Greiffenklau der starke Trierer
Kurfürst in den Reformationswirren, die
Nönnchen des Klosters Marienburg droben
im Zeller Hamm hinab nach Stuben brachte.
An
einem sonnigen Frühlingsnachmittag
landete die rote kurfürstliche Yacht an
der Nikolausinsel, und hinter dem
breitschultrigen Herrn Erzbischof stiegen
sie alle aus, piepsend und zwitschernd
wie Amseln und Bachstelzen, voran die
hagere Priorin Eva von Metternich. Sie
waren hochbeglückt von der Courtoisie
des Gnädigen Herrn, der auf ihrer
Marienburg erschienen war und sie an
diesem lachenden Frühlingstag zu einer
Moselfahrt auf seiner Staatsyacht und zu
einem Kaffeebesuch bei den Stubener
Schwestern eingeladen hatte. Wie
bestürzt und erschrocken waren sie am
Abend, als der Herr Kurfürst mit seinem
roten Schiff verschwunden war, ohne sie
auf die Marienburg zurückzubringen. Und
wie entsetzt und erregt stoben sie herum,
als sich ergab, daß nach dem Befehl des
Kurfürsten, heute nicht und nimmer sich
ein Fährmann fand, sie nach Hause zu
rudern. Weil die Nönnchen ihre Gottes-
und Marienburg auf dem Hamm nicht
friedlich aufgeben wollten, hatte der
Landesvater seine Zuflucht zu dieser
galanten List genommen. Kanonen braucht
unsere kriegerische Zeit auf den Bergen,
schrieb er hernach, der klagenden Priorin
Rosenkränze können auch im Tal
gebetet werden.
Sie mußten gehorchen, und es gefiel
Ihnen mit der Zeit bei den Schwestern auf
Stuben, wenngleich das Heimweh nach der
Berghöhe mit der weiten Sicht sie nie
verließ. Auch hier unten war es schön.
Frühmorgens wurden sie von den
Nachtigallen aus dem Stubener Wald
geweckt, denen sie auch an den warmen
Sommerabenden lauschten, den gleichen
Nachtigallen, die Sankt Bernhard, der
bezaubernde Prediger aus dem Eifelkloster
Himmerod hierher verbannt hatte, weil sie
den Sinn seiner Zisterziensermönche dort
vom frommen Klosterleben abgewendet und
zum Irdischen betört hatten. Hier bei
den Klosterfrauen auf der stillen Insel
mochten sie nie ihr sehnsüchtiges und
wehmütiges Lied singen und ihnen den
Trost der Einsamkeit und die süße Lust
des einfachen Daseins ins Herz träufeln;
ihre Noten paßten zum leisen Gesang der
Nönnchen, wie eine schluchzende
Geigenstimme zu einem zarten Kirchenlied.
Nachtigallen
schlagen auch heute noch aus dem Stubener
Busch; aber die Nonnen sind längst
gestorben, ihr Kloster ist abgerissen und
vom grünen Rasenteppich und von
Rebstöcken zugewachsen. Es war schon
innerlich zerfallen, der adelige fromme
Geist war schon gestorben, als die
Soldaten der Französischen Revolution es
besetzten. Einst hatten hundert
Edelfrauen das Kloster bevölkert; jetzt
lebten noch acht Nonnen wie verloren in
den großen Räumen, dazu die Meisterin
Maria Ferdinanda von Maffay de la Serra
und die Priorin Maria Anna, Freiin von
Berg zu Dürfental, wie Gespenster der
gestorbenen Feudalzeit.
Schon vorher waren sie durch Clemens
Wenzeslaus, den letzten Kurfürsten,
von der Residenzpflicht entbunden worden.
1790 hatte er das Kloster in ein
freies hochadeliges Stift
hochwürdiger hochwohlgeborener gnädiger
Freyfräulein" umgewandelt. Bald
flüchteten die letzten
Freyfräulein über den Rhein
und verkauften zu Hanau das
Klostersilber, um nicht des Hungers zu
sterben. Das griechische
Kreuzreliquiar kam nach langen
Irrfahrten in den Limburger Dom, wo es
das Kleinod der Schatzkammer ist.
1820 wurde in Zell das Stubener Land
für 7.300 Taler versteigert.
Fünfundzwanzig Bremmer Bürger teilten
es unter sich. Den Wald behielt der
Staat. Das Stubener Griechenkreuz kann
man auf Grenzsteinen, Altären und Türen
noch sehen in Eller, Ediger, Neef, Bremm,
Poltersdorf, Sankt Aldegund und Ernst an
der Mosel und hoch in der Eifel, in
Düngenheim, Gamlen, Schmitt, Alflen,
Urschmitt, Faid, Kennfus und Kehrig, wo
überall das Kloster in seinen
Glanzjahren Güter und Gefälle besaß.
Die 1685 unter Anna Odilia von Ahr
erbaute Kirche wurde abgedeckt, das
Barockportal ausgebrochen. Ältäre aus
der Klosterkirche stehen in Bremm, Eller,
Ernst, Gillenbeuren, Ulmen und Driesch.
Die Kanzel ziert die Cochemer
Schlosskapelle. Nur die schwarzen
Kirchenschiffmauern blieben.
Nackt und voll Trauer stehen sie am
Fluß, Vanitas vanitatum! Alles ist
eitel!
So schließt der Chronist.
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