Zur Person Clara Viebig
Clara Viebig, geboren am 17.7.1860
in Trier, gestorben am 31.7.1952 in Berlin. Seit
1897, als mit den Novellen "Kinder der
Eifel" und dem Roman
"Rheinlandstöchter" ihre ersten
Bücher erschienen, hat Clara Viebig die
Aufmerksamkeit eines breiten Lesepublikums
geweckt und mit immer neuen Werken über
Jahrzehnte erhalten. Viele ihrer Romane und
Erzählungen spielen an der Mosel, im Rheinland
und in der Eifel.
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Die Dichterin Clara Viebig
gehörte um die Jahrhundertwende zu den
meistgelesenen deutschen Autoren. Die Kritik
geizte nicht mit Lob, pries sie als
"deutsche Zola de" und stellte sie auf
eine Stufe mit Gerhard Hauptmann und Thomas Mann.
Heute ist das umfangreiche Werk, das aus über 30
Romanen, Novellen und Dramen besteht, in der
Öffentlichkeit kaum mehr bekannt. Und bei denen,
die ihr Werk noch kennen, ist ihr Ansehen oft
durch Klischees und Vorurteile herabgesetzt. Diesen
Zustand zu verbessern, hat sich die
Clara-Viebig-Gesellschaft zum Ziel gesetzt. Clara
Viebigs Werk soll durch Neuausgaben, durch
Sammlung von Primär- und Sekundärliteratur,
durch die Einrichtung eines Archivs und einer
Bibliothek, durch Ausstellungen, Vorträge und
Seminare der Öffentlichkeit wieder bekannt
gemacht werden.
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Clara Viebigs Roman und
sein
Bezug zum Kreis Cochem-Zell |
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Werner Schönhofen |
Im Jahre 1927 erschien in der
Kulturzeitschrift "Velhagen & Klasings
Monatshefte" Clara Viebigs Roman "Die
Goldenen Berge" als Vorabdruck, der dann im
folgenden Jahre in der Deutschen Verlagsanstalt
als Buch erschien. Die Dichterin beleuchtet hier
das tragische Schicksal der Moselwinzer in den
1920er Jahren, das in den Winzerunruhen von
Bernkastel im Jahre 1926 seinen Höhepunkt fand.
Der Rhein-Mosel-Verlag in Alf, der die Werke
Clara Viebigs wieder auflegt, hat eine Neuauflage
in den Buchhandel gebracht. Der Roman erschien
auch als Fortsetzung seit dem 3. Dez. 2000 im
Paulinus, Trierer Bistumsblatt und seit dem 20.
Juli 2004 in der Rhein-Zeitung.
Der Roman ist für die Leser im Kreis
Cochem-Zell besonders interessant, da viele Orte
im Cochemer Krampen zu erkennen sind.
Das erste Kapitel berichtet von der schweren
Arbeit des Winzers Simon Bremm. Wer wird hier
nicht an den gleichnamigen Weinbauort an der
Mosel erinnert? In der Tat arbeitet Simon Bremm
auch hart in der gleißenden Sonne "im
Warmenberg". Das ist die ziemlich genaue
Übersetzung des von den Römern geprägten
"Mons Calidus", des Calmont zwischen
Eller und Bremm.
"Steil steigen (die Berge)
auf.., mit ihrem schroffen Geklipp mehr Felsen
gleichend als Bergen. Kaum Erde an ihren Hängen,
nirgendwo weicher Boden, den der Fuß bequem
tritt; alles Schotter, Geröll, blaugraues
Schiefergerinnsel, Planen und Plättchen, die
jeden Sonnenstrahl auffangen und verschlucken.
Heiß stehen im bis zum Sprühen
erhitzten Schiefer die Weinstöcke; Sonne, noch
immer mehr Sonne wollen sie haben. Die Fülle im
Feuer, das tut ihnen gut, dann rinnt den Reben
das volle Leben bis in die äußerste Spitze,
dann sind sie gesund.
Der Winzer stand zwischen seinen
obersten Stöcken im Warmenberg, so hoch oben,
dass es nicht viel weiter hinauf mehr ging. Nur
ein kurzes Stück brüchiger Felswand kam noch,
und dann Luft, lauter Luft, darüber Himmel. Der
Platz für die obersten Stöcke war gering, knapp
genug Raum für ihrer sechs Stück und für Simon
Bremm. Einem Gärtchen der Berggeister gleich
schien die bepflanzte Klippe, die der felsige
Berg wie ein Tellerchen vorstreckt. Senkrecht
ging es hinab; aber es waren gute Stöcke hier
oben, hierher kam die Sonne zuerst und blieb auch
am längsten, hier gab es Trauben, wenn der
Behang weiter hinunter nur spärlich war. (Simon
Bremm) beugte sich weit vor zwischen den
Stöcken, er trat ganz vorn an den äußersten
Rand, um in die schwindelnde Tiefe hinab.., zu
spähen... An viertausend Stöcke hatte (er) im
Warmenberg... (Der Winzer) stand ... auf dem
gleichen Berg, auf dem einst die Römer schon
Wein gebaut hatten; die hatten ihm auch den Namen
gegeben: Warmer Berg, der älteste Weinberg der
Mosel... Es mochten an fünfzig Grad und mehr
sein im glühheißen Ofen des Weinbergs..."
Simon Bremm hat eine hübsche Tochter Maria.
"Ihre Schönheit war in der
ganzen Gegend bekannt. Die kam daher, so
erzählte man sich's, dass die Bremm, als sie mit
diesem Kind ging (Anm.: d.h. schwanger war), oft
fromm hinaufgewandert war zu dem Kirchlein,
das oben auf dem Klosterberg inmitten eines
Friedhofes steht.
Dort hinauf trägt Munden, das Dorf, das
schrägüber von Porten an der anderen Seite der
Mosel liegt, seine Toten. Aus diesem Dorf war die
Bremm gebürtig, und ihre Eltern waren da oben
begraben".
Für den Ortskundigen ist klar, dass es sich
bei dem Dorf Porten um den Ort Bremm handelt und
bei dem gegenüberliegenden Munden ist Neef
gemeint. Von hier aus führt ein Weg durch die
Weinberge zur Peterskapelle, wo auch die Toten
heute noch ihre letzte Ruhe finden. Am Fuße des
hier "Klosterberg" genannten Berges
befindet sich die Kirchenruine
von Kloster Stuben, so dass auch diese
Bezeichnung aufzulösen ist. Simon Bremm beendet
sein Tagewerk mit dem Angelusläuten am Abend und
steigt den Berg hinab und über die Chaussee
heimwärts.
"Es dämmerte bereits, über
der Mosel webte es silbrig und ums
Klostergemäuer auch."
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Kein
Wort von einem intakten Kloster, wo das Läuten
herkommen würde. Sonst gibt es kein
"Klostergemäuer" an der Mittelmosel. Im
2. Kapitel wird das Dorf Bremm beschrieben wie es
sich wohl in der Zeit nach dem ersten Weltkrieg
darstellte:
"Porten, das Moselnest, hat
alte Häuser. In der Gasse, die vom Ufer gegen
den Berg hin ansteigt und oben beim Kirchlein
endet, stehen sie sich sehr nah gegenüber. Es
sieht aus, als streckten sie alle den Bauch
heraus, denn das obere Stockwerk springt rund
gewölbt über das untere vor, darinnen Haustür
und Stalltür sind und das Stubenfenster. Der
Misthaufen liegt im Gässchen vor jedem Haus, man
wirft den Dung gleich aus der Stalltür darauf
und kann vom Stubenfenster aus ihn dampfen sehen;
das Hüben in der engen Gasse duftet das Drüben
an. Aber auch Blumen duften im Gässchen. Auf
jedem Sims, an jedem Fenster stehen sie:
Geranien, Fuchsien, Nelken, Balsaminen, Myrten,
Fleißiglieschen und noch viele andere; in
Töpfen, in Scherben, in Kochgeschirr, in
Kübeln, in Kästen, in Zigarrenkistchen sogar
und alten Konservenbüchsen. Nie und nimmer
würden anderswo so die Blumen gedeihen, aber
hier blühen sie in üppigster Fülle, leuchten
in glühenden Farben.
Simon Bremms Haus stand vorn am
Ufer; nur die Schule, die Metzgerei und
Gastwirtschaft und noch zwei Häuser lagen hier.
Die Häuschen in der Gasse waren alle rosa,
grünlich, bläulich ganz übertüncht, Simon
Bremms Haus zeigte noch sein braunes, eichenes
Fachwerk. Ein altes Haus mit dem Weinstock, der
als Laube gezogen ist über den Treppenstufen der
Haustür, mit den beiden Oleandern, die alle Jahr
blühen in mandelduftenden rosa Büscheln, und
mit einem Feigenbaum, der in einem Waschkübel
gepflanzt ist. Die Feigen wurden nicht groß wie
die jenseits der Alpen, aber süßlich schmeckten
auch sie.."
Wer denkt hier nicht an Gemälde wie sie von
Carl Spitzweg stammen. Es folgt nun eine
Überleitung zum Haus des Ohm Jakob Bremm und
damit eine Einführung dieser Person in die
Geschichte. Bei ihm handelt es sich um einen
alten, etwas verschrobenen Junggesellen, der auf
Abstand zur Verwandtschaft hält, aber von der
Güte seines Weinberges und dessen Wachstum sehr
überzeugt ist.
Dass der Roman im Cocherner Krampen spielt,
sehen wir auch im 2. Kapitel, wenn es dort
heißt: "Der Kaspar ... fuhr
morgen nach Cochem... Er sagte, er müsse nach
Cochem..." - eine zweite
Erwähnung gewissermaßen als Betonung der
ersten. Das ungestüme Werben des Kaspar um die
Maria erfährt schließlich von dieser zunächst
eine Abführ.
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Clara Viebig |
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"Die Goldenen
Berge" |
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im Rhein-Mosel-Verlag
Hardcover 19,90 €uro
ISBN 3 - 929745 - 04 - 6 |
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... oder in unserer Pfarrbücherei! |
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